Wie aus Scout nach einem Dieselskandal eine Marke von Volkswagen wurde

Am Donnerstag gab der Volkswagen Konzern bekannt, unter der Marke Scout elektrische SUVs und Pickups in Amerika zu entwickeln und zu vermarkten. Der Name Scout war in den USA in den 60er, 70er und 80er Jahren ein bekannter Name und ein beliebter Offroader der Firma International Harvester. Volkswagen kann diesen Namen natürlich nicht verwenden, dafür braucht es die Markenrechte. Er erwarb es mit der Übernahme von Navistar International, dem der Name Scout gehörte.

Navistar wurde 1986 aus International Harvester gegründet, oder besser gesagt, International Harvester wurde später in Navistar International Corporation umbenannt. Mit dem Verkauf verschiedener Geschäftsbereiche hatte International Harvester auch seine eigene Marke verkauft. Das verbleibende Unternehmen musste daher umbenannt werden. Die Markenrechte von Scout blieben im Besitz. Sie sind jedoch bis jetzt im Regal geblieben. Sie wären vielleicht dort geblieben, wenn Navistar nicht eine sehr turbulente Zeit durchgemacht hätte, die dazu geführt hätte, dass es in den Besitz von Volkswagen überging.

Der Autopian weist darauf hin, dass (jedermann) Volkswagen verdankt den Scout-Namen irgendwie einem Dieselskandal. Es ist wie folgt. Als Lkw-Hersteller wurde Navistar zu Beginn dieses Jahrhunderts mit strengeren Emissionsanforderungen für seine großen Diesel-Lkw konfrontiert. Es gab ungefähr drei Möglichkeiten, die Stickstoff- und Partikelemissionen zu reduzieren. Navistar könnte sich für eine Reduzierung durch Harnstoffeinspritzung (wie bei AdBlue), Stickstoffabsorption oder die Verwendung einer AGR (Abgasrückführung) entscheiden. Navistar entschied sich für letztere Option. Es war an sich keine schlechte Wahl, aber später würde hier einiges schiefgehen.

Schummeln

Um 2010 wurden die Emissionsanforderungen weiter verschärft und es wurde festgestellt, dass die EGR-Lösung von Navistar nicht mehr ausreichte, um die Emissionen auf das erforderliche Niveau zu senken. Die Harnstoffeinspritzung erwies sich als effektiver, aber Navistar hatte sie bewusst nicht gewählt, um seine Kunden zu schonen. Schließlich muss man bei einem solchen Motor neben Diesel auch Harnstoff tanken, was Navistar nicht optimal fand. Auf jeden Fall wollte er bei der Abgasrückführung als einzigem Mittel bleiben und ging damit an die Grenzen. Oder besser gesagt, es hat Grenzen überschritten. Navistar verwendete sogenannte „Compliance-Punkte“, wie die bekannten CO2-Gutschriften, die es über die Jahre angesammelt hatte, um übermäßige Emissionen auszugleichen. Bisher nichts allzu Verrücktes, aber ab 2010 waren die Anforderungen so streng, dass sich das Unternehmen für eine obskurere „Lösung“ entschied. Dann wurden die Motoren als „Baujahr 2009“ eingetragen, was aber nur auf dem Papier der Fall war, weil nur die Basis von 2009 war und der Motor selbst danach gebaut wurde. Tatsächlich handelte es sich um 2010er Triebwerke, die angeblich aufgrund ihres „Baujahrs“ die neuen Anforderungen nicht erfüllen mussten.

Navistar International TranStar

Navistar wurde dann mit der EPA (Environmental Protection Agency) konfrontiert, erhielt schließlich eine Geldstrafe von rund 3.700 US-Dollar für jedes Motorrad, das die Anforderungen nicht erfüllte, und erhielt zusätzlich eine Klage. Navistar entschied sich dann für 52 Millionen US-Dollar, wurde jedoch von der SEC (Securities and Exchange Commission) wegen irreführender Investoren mit einer Geldstrafe von 7,5 Millionen US-Dollar belegt. Als ob das nicht genug wäre, erwiesen sich auch die Motoren von Navistar als schlecht. Die AGRs fielen die ganze Zeit aus oder verursachten Probleme mit der Stromquelle. Dies führte zu zahlreichen Klagen unzufriedener Kunden gegen Navistar, die das Unternehmen zig Millionen kosteten.

Übernahme durch den Volkswagen Konzern

Eine ziemlich dramatische Wendung der Ereignisse, die Navistar natürlich nicht in kalten Kleidern saß. Ein angeschlagenes Unternehmen ist ein billiges Geschäft, in das man Geld investieren kann, und der Volkswagen Konzern hat genau das getan. Es begann mit einem großen Anteil und schließlich übernahm die Lkw-Sparte von Volkswagen, Traton, am 1. Juli 2021 sogar die gesamten Busse. Navistar wurde nicht nur an das deutsche Unternehmen übergeben, sondern es erwarb auch die Rechte am Namen Scout.

Erkunden

Heute haucht Volkswagen der Marke Schout neues Leben ein und wird – wie die Deutschen hoffen – in den Vereinigten Staaten wieder zu einem Begriff. Ironischerweise mit reinen Elektroautos, aber „dank“ zweier Dieselskandale, die diesen Prozess gewissermaßen in Gang gesetzt haben. Immerhin sorgte der Volkswagen-eigene Dieselskandal auch in den USA für den nötigen Imageschaden, doch mit Scout könnte sich der Konzern auf der anderen Seite des Atlantiks einen etwas besseren Namen machen.

Helfried Beck

„Analyst. Totaler Alkoholkenner. Stolzer Internet-Fan. Ärgerlich bescheidener Leser.“

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert