Warum Deutschland so zögerlich gegenüber Russland ist

Das bedeutet nicht, dass Deutschland sich nicht bewegt. Über Deutschlands geopolitische Rolle im Jahr 2022 wird viel diskutiert. Sie reicht von reinem Pazifismus („Kein Krieg mehr“) zu einer Forderung nach einer viel entschlosseneren Reaktion auf die russische Aggression. Nach Meinung einer wachsenden Gruppe von (ehemaligen) Politikern und Diplomaten sollte Deutschland seine wirtschaftliche Dominanz in Europa öfter nutzen, um den Frieden auf dem Kontinent zu sichern. Dazu gehört ihnen zufolge auch die Lieferung von Abwehrwaffen, um den Ukrainern in die Enge zu treiben.

Die heftige Debatte in der deutschen Gesellschaft zu diesem Thema ist sicherlich noch nicht abgeschlossen, zeigt aber, wie sensibel das Thema für Russland ist.

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Hier kommt die Wirtschaft ins Spiel. Denn selten hat Deutschland ein kommerzielles Problem so erschüttert wie das der Gaspipeline Nord Stream 2.

Vor allem der sozialdemokratischen SPD bereitete das Projekt seit seiner Geburtsstunde 2005 Kopfzerbrechen. In jenem Jahr, in den letzten Monaten seiner Kanzlerschaft, gewann der SPD-Abgeordnete Gerhard Schröder die nötige Unterstützung für die ersten direkten Gasleitungen von Russland nach Deutschland. Schröder war (und ist) mit Wladimir Putin gut befreundet; nach Meinung vieler sogar etwas zu viel. Das zeigte sich schnell, als er nach seiner politischen Karriere Vorstandsvorsitzender ebendieser Nord Stream, dann auch des russischen Energiekonzerns Rosneft wurde.

In diesen Jahren wuchs Deutschlands Abhängigkeit von russischem Gas rapide. Mehr als die Hälfte des von Deutschland verbrauchten Gases stammt mittlerweile aus Russland. Und das wird mit der Erweiterung zu Nord Stream 2 noch zunehmen.

Helfried Beck

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