Deutsche Forscher wollen mit Bio-Tinte eine Alternative zu Knorpel schaffen

Wachstum und Ersatz von beschädigtem Knorpelgewebe mithilfe der revolutionären 4D-Drucktechnologie. Hier entsteht ein interdisziplinäres Team DWI – Leibniz-Institut für Interaktive Materialienn und die RWTH Aachen University sind darum bemüht. Um im Rahmen des Projekts „TriggerINK“ eine Bio-Tinte mit besonderen Eigenschaften zu entwickeln, erhält sie von der Werner-Siemens-Stiftung über einen Zeitraum von fünf Jahren eine Förderung in Höhe von rund 10 Millionen Euro, teilte die RWTH Aachen mit. in einer Pressemitteilung.

Der menschliche Körper besteht aus unterschiedlich strukturierten und teilweise sehr komplexen Geweben. Sind sie beschädigt, steht die Medizin vor großen Herausforderungen, ihre Funktion wiederherzustellen. Zwar gibt es Verfahren zur Reparatur von Knieknorpel, doch führen solche Eingriffe nicht zu einer langfristigen Heilung, um das geschädigte Gewebe einschließlich aller seiner Funktionen wiederherzustellen. Aus diesem Grund sind oft mehrere Operationen notwendig, da eine einzige Behandlung nicht zu einem stabilen, gesunden und funktionsfähigen Knorpel führt.

Alternative Technologie

Das DWI-RWTH-Team möchte im Rahmen des Projekts TriggerINK eine alternative Technologie zum Gewebeersatz entwickeln. Es wird von Laura De Laporte, Professorin für fortgeschrittene Materialien und Biomedizin, geleitet. Die Professoren Stefan Hecht (3D-Druck mit Licht), Andreas Herrmann (Ultraschall-Arzneimittelabgabe) und Matthias Wessling (Chemische Verfahrenstechnik) vervollständigen das Team. TriggerINK nutzt das innovative Prinzip des 4D-Drucks, für das eine spezielle Bio-Tinte entwickelt wurde. Beim 4D-Druck handelt es sich um eine Weiterentwicklung der 3D-Drucktechnologie: Beim herkömmlichen 3D-Druck wird ein Material Schicht für Schicht übereinander aufgetragen, sodass eine dreidimensionale Struktur, ähnlich einem Würfel, entsteht.

„Der zusätzliche Faktor, der dem 4D-Druck auch seinen Namen gibt, ist „Zeit“. Wir verarbeiten spezielle Bestandteile in der Tinte, die zu ganz bestimmten Zeitpunkten auf äußere Reize reagieren. Beispielsweise kann das gedruckte Material – im Beispiel der Würfel – mit Licht bewegt oder die bioaktiven Komponenten bei Bedarf per Ultraschall freigesetzt werden“, erklärt De Laporte. Das Team möchte nun eine neue Methode entwickeln, um beschädigtes Körpergewebe zu ersetzen: durch direkten Druck von 4D-Strukturen in die betroffene Wunde. Um die Technologie zu testen, wählten die Forscher den Knorpel des Kniegelenks.

„Wir stehen vor einer Reihe von Herausforderungen, wenn es darum geht, gesundes Gewebe in beschädigten Bereichen nachwachsen zu lassen. Beispielsweise muss das gedruckte Material eine ganz bestimmte Struktur aufweisen, vergleichbar mit der seines natürlichen Gegenstücks. Deshalb enthält es Poren und orientierte Mikrostrukturen, die das Wachstum körpereigener Zellen im Gewebe fördern, damit diese ihre ursprüngliche Funktion wieder erfüllen können. Beim Kniegelenk muss es beispielsweise Druck- oder Reibungsbelastungen standhalten“, erklärt Professor Matthias Wessling. Seine Forschung umfasst verfahrenstechnische Anforderungen für das Drucken poröser und mikrostrukturierter Objekte.

Organische Tinte

Die Idee von TriggerINK besteht aus Schritten, die während des Druckprozesses ineinander übergehen. Der Prozess bringt die unterschiedlichen Eigenschaften des Bioinks zum Vorschein. „Ziel ist es, die Biotinte kontinuierlich in die Wunde zu drucken. Es enthält verschiedene Inhaltsstoffe, die beispielsweise auf Lichteinstrahlung reagieren. „So entstehen beim Druckvorgang Querverbindungen, die eine Stützstruktur und Poren bilden“, erklärt Hecht, in dessen Laboren diese speziellen lichtempfindlichen Grundelemente entwickelt werden.

„Wir streben die Entwicklung eines Medizinprodukts an, daher ist uns auch die Perspektive der Klinikanwender wichtig. Daher werden wir auch von hochrangigen Kollegen aus den Bereichen Medizin und molekulare Zellbiologie begleitet und beraten“, erklärt Professor Stefan Hecht. Für die Tinte wird das Team eine von Laura De Laporte entwickelte und patentierte Technologie verwenden: ANISOGEL für das gezielte Wachstum von Nervenzellen.

Darüber hinaus enthält der Bioink verkapselte Wachstumsfaktoren und immunmodulatorische Substanzen. „Diese können bei Bedarf per Ultraschall freigesetzt werden und sollen den Heilungsprozess unterstützen“, erklärt Professor Andreas Herrmann.

Helfried Beck

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