Wenige Monate nach der Kapitulation Deutschlands und dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde er am 11. September 1945 in Giesling, einem heruntergekommenen Stadtteil Münchens, geboren. Als Erwachsener wurde Franz Beckenbauer zu einem nationalen Symbol, das der von Schuldgefühlen geplagten Seele Deutschlands manchmal ein wenig Stolz und Selbstvertrauen zurückgab.
Nach seinen großen Erfolgen als Fußballspieler und Trainer erreichten dieser Stolz und dieses Selbstvertrauen im Jahr 2006 ihren Höhepunkt. Beckenbauer war Präsident des Organisationskomitees der FIFA Fußball-Weltmeisterschaft in seinem Land. Es war eine ausgelassene Party. „Die Nation, die wollte, dass die Welt sie endlich wieder liebt, war ausnahmsweise im Frieden mit sich selbst. Und derjenige, der als Spieler und Trainer bereits Fußball-Weltmeister geworden war, war nun auch der Verfechter der Weltoffenheit“, schreibt die Zeitung. Frankfurter Allgemeine letzte Woche als Reaktion auf eine neue Dokumentation über Beckenbauer (Titel: Beckenbauer), ausgestrahlt am Montag in der ARD.
Der Libero-Archetyp
Beckenbauer war vor allem einer der besten Spieler der Fußballgeschichte. Normalerweise steht er auf derselben Liste wie Cruijff, Maradona, Messi und Pelé. In den 1960er Jahren wechselte er als Teenager zum FC Bayern München, als der Verein noch in der zweiten Liga spielte. Seine internationale Karriere begann im Alter von zwanzig Jahren und umfasste letztlich 104 Spiele. Als junger Mittelfeldspieler gelang es ihm, den britischen Star Bobby Charlton im WM-Finale 1966 zu neutralisieren.
Dann wurde er zum archetypischen Libero: ein Verteidiger, der das Spiel von der Abwehrlinie aus diktiert und regelmäßig „einschlüpft“. „Der Kaiser“ war ein dominanter und eleganter Spieler mit großer Übersicht und klarem Passspiel. Mit ihm wurde Bayern zur Supermacht in Westdeutschland; Mit ihm gewann der Verein in den 1970er Jahren dreimal den Europapokal 1. Die Mannschaft er gewann 1972 den Europameistertitel und 1974 auf Kosten der Niederlande den Weltmeistertitel für sein eigenes Volk. Er hatte immer gute Beziehungen zu Johan Cruijff. Als er 2016 starb, sprach Beckenbauer von ihm „wie einem Bruder“.
Weltmeister als Spieler und Trainer
Als Bundestrainer der Bundesrepublik Deutschland verlor er im Finale der Weltmeisterschaft 1986 und im Halbfinale der Europameisterschaft 1988 (gegen die niederländische Mannschaft). Sie waren die Vorläufer des Triumphs von 1990 mit dem Weltmeistertitel. Damit wurde Beckenbauer nach dem am Freitag verstorbenen Brasilianer Mario Zagallo der zweite Mann, der als Spieler und Trainer Weltmeister wurde.
Als Fußballtrainer galt er als Brückenbauer und Diplomat. Aber so unantastbar er als Fußballer immer blieb, so unantastbar wie ein Bobo konnte er nicht bleiben. Sein Ruf war bereits geschädigt, als er 2014 von der Fifa mit einer Geldstrafe und einer Sperre belegt wurde; er hatte bei der Untersuchung der Korruption im Zusammenhang mit der Vergabe der umstrittenen Weltmeisterschaften 2018 (Russland) und 2022 (Katar) nicht kooperiert. Im Jahr 2015 leitete die Schweizer Justiz eine Untersuchung darüber ein, wie der von Beckenbauer geführte deutsche Verband angeblich die Weltmeisterschaft 2006 gewonnen hatte. Über sein Konto wurden angeblich Bestechungsgelder gezahlt. Es seien auch verdächtige Verträge entdeckt worden.
Das Verfahren wurde 2020 eingestellt, unter anderem aufgrund des geschwächten Gesundheitszustands Beckenbauers. Ein schwerer Schlag erlitt ihn mit dem Tod seines Sohnes Stephan im Jahr 2015 an einem Gehirntumor. In den letzten Jahren hat er sich immer mehr zurückgezogen. Er starb am Sonntag im Beisein seiner dritten Frau und ihrer Familie. Er war schon seit einiger Zeit krank.
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