Die Flussschifffahrt ist enttäuscht von der aktuellen Flusspolitik des Bundeskabinetts: In einem neuen „Modernisierungspaket“ der Verkehrsinfrastruktur wird der Sektor kaum angegangen.
Mit dem „Modernisierungspaket für Klimaschutz und Planungsbeschleunigung“ will das Kabinett den Bau von Verkehrsinfrastruktur beschleunigen, indem es die Planungs- und Genehmigungsverfahren verkürzt. Das „Beschleunigungsgesetz“ für Schienen- und Straßeninfrastruktur ist bereits in Ausarbeitung. Das Modernisierungspaket sagt nichts über ein solches Gesetz zur Flussinfrastruktur aus. Auch von einer Aufstockung des Wasserstraßenhaushalts verliert das Kabinett kein Wort. Für die Bahn werden jedoch weitere finanzielle Mittel erwogen. Diese sollen durch eine deutliche Erhöhung der Lkw-Maut erreicht werden.
Unverständlich
Diesmal muss sich die Flussschifffahrt mit einer allgemeinen Bemerkung zur Hilfeleistung bei Elektroinstallationen am Kai begnügen. „Haben sie vergessen, Flüsse zu erwähnen oder wollen Flussprojekte einfach nicht beschleunigen? fragt BDB-Geschäftsführer Jens Schwanen.
Der Koalitionsvertrag der deutschen „Ampelkoalition“ (SDP, Grönen, FDP) enthält wirklich ehrgeizige Ziele für die Binnenschifffahrt. Dazu gehören die beschleunigte Sanierung und der Ausbau von Schleusen und die Erhöhung des Anteils der Binnenschifffahrt am Modal Split auf 12 %.
Letzteres geht natürlich nicht ohne eine gute Infrastruktur. Etwa dreißig Flussprojekte müssen dringend durchgeführt werden, wenn wir dem Ziel näher kommen wollen. Der BDB nennt es daher „unverständlich“, dass das Kabinett nun einseitig auf die Schieneninfrastruktur setzt.
Zumal Wirtschaftsminister Robert Habeck die Binnenschifffahrt als Möglichkeit sieht, die Energiewende zu beschleunigen. Habeck schreibt in seiner Strategie für die Onshore-Windenergie, dass Transformatoren, Kabeltrommeln und andere große Teile für Windkraftanlagen vorzugsweise auf dem Wasserweg transportiert werden sollten. Eine Genehmigung ist dafür nicht erforderlich, was Projekte beschleunigen könnte. Schanen entgegnet, dass eine gute Infrastruktur notwendig sei.
Binnenhäfen
Aus Sicht der Binnenhäfen gibt es Grund zum Optimismus: Eine bessere Schieneninfrastruktur stärkt sie als multimodale Drehscheibe. Für den Vor- und Nachtransport ist weiterhin eine gute Straßeninfrastruktur erforderlich. Joachim Zimmermann, Vorsitzender der Binnenhafenorganisation BöB, begrüßt daher das Engagement der Regierung, auch die Beseitigung von Engpässen im Straßennetz zu beschleunigen. „Aber wir sehen noch viel Verbesserungspotenzial bei den Wasserstraßen“, sagt Zimmermann.
Thomas Gross, Vorsitzender des Wasserbauausschusses des Verbandes der Europäischen Binnenschifffahrt und Wasserstraßen (VBW), erinnert die Koalitionspartner an ihre Zusagen aus dem Koalitionsvertrag. Laut Gross sind Wasserstraßenprojekte ebenso wie Straßen- und Schienenprojekte als Projekte von „großem öffentlichen Interesse“ einzustufen. Ihm zufolge sollten die Investitionen in das Flussnetz ab 2024 auf mindestens 2 Milliarden Euro pro Jahr erhöht werden. Andernfalls drohe ein weiterer Verfall von Schleusen, Wehren und Kanälen.
Sackgasse
Der Verband für Verkehrswirtschaft und Logistik in Nordrhein-Westfalen (VVWL) findet es merkwürdig, dass die Lkw-Maut fast verdoppelt wird, um in einen anderen Verkehrsträger (Schiene) investieren zu können. Direktor Christoph Kösters nennt dies ein Beispiel für „politisches Denken in den 1990er Jahren, als Verkehrsträger noch als Konkurrenten gesehen wurden“. Er prognostiziert einen starken Anstieg der Straßentransportpreise. Das ultimative Opfer ist der Verbraucher.
„Es ist eine Sackgasse, Verkehrsträger als getrennte Silos zu sehen, ohne die Konnektivität im Auge zu behalten. Ohne ein gutes Straßennetz ist eine Verkehrsverlagerung auf Schiene und Binnenschifffahrt nicht möglich. Auch auf den Wasserstraßen sehen wir in diesem Modernisierungspaket überhaupt nichts.
Text: Sarah DePreter
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