„Das Töten muss aufhören“, erklärte die Südafrikanerin Candice Breitz wenige Tage nach dem Hamas-Angriff auf Südisrael am 7. Oktober. Seit Beginn des Krieges in Gaza hat sie auf Instagram lange Posts über den Konflikt geschrieben, der sie als Künstlerin mit aktivistischen Themen und jüdischer Herkunft faszinierte. „Die Bombardierung von Gaza wird die Sicherheit der Juden nicht erhöhen. »
Wenige Wochen später erhielt ihr Berliner Atelier einen Anruf vom Deutschen Museum Saarland, wo sie im Frühjahr eine Ausstellung über Sexarbeiterinnen in Kapstadt eröffnen würde. Der Regisseur sagt, er sei gezwungen, die Ausstellung, an der Breitz drei Jahre lang gearbeitet hat, abzusagen. „Angesichts der aktuellen Atmosphäre in Deutschland hatte ich sofort den Verdacht, dass dies mit meiner Meinung zu den anhaltenden Massakern in Israel und Palästina zusammenhängt“, sagt Breitz.
„Ent-Hamasifizierung“ der Kunstwelt
Noch am selben Abend, Ende November, bestätigte eine Pressemitteilung seinen Verdacht. Die Stiftung hinter dem Museum gab bekannt, dass sie ihre Zusammenarbeit mit Breitz aufgrund der „kontroversen Aussagen des Künstlers zum Angriffskrieg der Hamas gegen den Staat Israel“ beenden werde. Breitz ist immer noch fassungslos: „Ich habe die Hamas wiederholt und unmissverständlich verurteilt. Doch offenbar reicht das nicht aus. »
Seit dem Gaza-Krieg finden derzeit in der deutschen Kunstwelt die heftigsten Debatten zum Thema Antisemitismus statt. Teile des Kultursektors sind seit langem eng mit dem Palästina-Aktivismus verbunden. Kritik an Israel aufgrund seiner Geschichte ist in Deutschland äußerst heikel, was seit dem Hamas-Anschlag immer deutlicher wird. So rief der Schriftsteller Mirna Funk letzten Monat in der Zeitung Die Welt schon bis zu einem ‚Ent-Hamasifizierungder Kunstwelt.
Kein Preis aufgrund der Verbindung zur palästinensischen Sache
Nicht nur Breitz bekam die Folgen zu spüren, auch andere aktivistische Künstler hatten Probleme. So beendete das Museum Folkwang in Essen aufgrund ihrer Äußerungen zu Gaza in den sozialen Medien die Zusammenarbeit mit der haitianischen Kuratorin Anaïs Duplan. Auch die palästinensische Schriftstellerin Adania Shibli und die deutsch-britische Schriftstellerin Sharon Dodua Otoo konnten im vergangenen Monat aufgrund ihres Engagements für die palästinensische Sache nicht zwei deutsche Preise für ihre Arbeit entgegennehmen.
Erst diese Woche hat die Heinrich-Böll-Stiftung beschlossen, den Hannah-Arendt-Preis für politisches Denken nicht an die russisch-amerikanische Journalistin Masha Gessen zu verleihen. Die den Grünen nahestehende Stiftung hat Schwierigkeiten mit einem Essay des Journalisten, der letzte Woche in veröffentlicht wurde Der New Yorker. Gessen kritisiert die israelische Politik Deutschlands und zieht Vergleiche zwischen dem Gazastreifen und den von Nazi-Deutschland besetzten jüdischen Ghettos.
In diesem Aufsatz kritisierte Gessen außerdem den umstrittenen Bundestagsantrag zur BDS-Bewegung, die internationale Kampagne, die Sanktionen gegen Israel und den Boykott israelischer Dienstleistungen und Produkte fordert. Diese Kampagne stößt in Deutschland auf heftige Kritik.
Die Show wurde nach der Unterzeichnung eines Briefes abgesagt
Im Jahr 2019 beschloss der Bundestag, die BDS-Bewegung mit einem Antrag offiziell zu verurteilen. Infolgedessen haben mehrere Kommunen die Finanzierung von Gruppen eingestellt, die die Bewegung unterstützen. Deutsche Kulturinstitutionen, die in den letzten Wochen Ausstellungen oder Preise abgesagt haben, zeigen nun mit dem Finger auf diesen Antrag.
Auch Candice Breitz sieht darin den Grund, warum das Saarlandmuseum die Zusammenarbeit mit ihr eingestellt hat. In einem Telefongespräch sagte der Direktor, die Ausstellung könne nicht stattfinden, weil Breitz einen Brief der BDS-Bewegung unterzeichnet habe. Laut Breitz taucht sein Name unter einem solchen Brief nicht auf. Sie unterzeichnete einen Brief gegen die Kriminalisierung der Bewegung. Nach dem Bundestagsantrag 2019 wurde er von 1.600 Menschen unterzeichnet. „Ein Viertel von ihnen sind Juden wie ich, darunter bekannte Holocaust-Gelehrte und Rabbiner“, sagt Breitz.
Die deutsche Erinnerungskultur
In der deutschen Kunstwelt herrscht seit Längerem die Sorge vor Antisemitismus. Letztes Jahr wurde während des Documenta-Festivals in Kassel ein Kunstwerk versteckt, weil dort antisemitische Karikaturen entdeckt wurden. Das Festival erklärte diese Arbeit als Protest der indonesischen Künstleraktivistengruppe Taring Padi im Kontext ihrer eigenen Militärdiktatur. Doch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bezeichnete die Haltung des Festivals als „besorgniserregend“.
Als Reaktion auf diesen Vorfall beschloss Candice Breitz, eine Konferenz zu organisieren, um über Antisemitismus in der Kunstwelt zu sprechen. Wir müssen noch reden es wäre deutsch Erinnerungskultur, das Erbe des Zweiten Weltkriegs und wie es sich weiterhin auf die Gegenwart auswirkt. Doch kurz nach dem Hamas-Angriff entschieden die deutschen Behörden, dass die Veranstaltung im aktuellen Klima nicht stattfinden könne.
Die Künstler beschlossen daher, unter dem Motto zu demonstrieren Wir müssen noch reden. Sie befürchten, dass der Diskussionsraum in Deutschland schrumpft. In einem Meinungsartikel in einem Kunstmagazin Monopol Chefredakteurin Elke Buhr ist besorgt: „Eine Arbeit kann nicht gezeigt werden, weil eine jüdische Frau eine politische Meinung vertritt, die nicht in den Korridor der deutschen Meinung passt.“ »
Neue Voraussetzung für den Erhalt eines Reisepasses
Letzte Woche hat das ostdeutsche Bundesland Sachsen-Anhalt die Anerkennung Israels zur Bedingung für den Erhalt eines deutschen Passes gemacht. Nun muss jeder, der eine Einbürgerung beantragt, schriftlich bestätigen, dass Israel ein Existenzrecht hat. Die Behörden prüfen auch, ob der Kandidat eine antisemitische Einstellung hat und können jemanden aus diesem Grund ablehnen.
Tamara Zieschang (CDU), Innenministerin von Sachsen-Anhalt, fordert die anderen Länder auf, diesem Beispiel zu folgen. Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz, Oppositionsführer im Bundestag, hatte zuvor erklärt, er wolle die Maßnahme auf das ganze Land anwenden. „Wer das nicht unterschreibt, hat in Deutschland nichts zu suchen“, sagte er.
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Führende US-Universitäten machen sich lächerlich, indem sie antiisraelische Proteste tolerieren
Thema waren die pro-palästinensischen Proteste ihrer Schüler, die teilweise mit Beleidigungen und Schikanen gegenüber ihren jüdischen Mitschülern endeten. Wurde Antisemitismus an diesen Universitäten nicht einfach geduldet?
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