„So viele Leute waren selten hier“, sagte die DFB-Pressesprecherin, als sie mit Bundestrainer Julian Nagelsmann die Bühne vor dem Spiel gegen die Niederlande am Dienstag in Frankfurt betrat. Der Raum ist voll. Deutschland hat im Fußball gewonnen und „Holland“ ist zu einem Übungsspiel zu Gast.
Nagelsmann ist begeistert. Der 36-Jährige, der sich bereits in seinen Zwanzigern als Top-Trainer etabliert hatte und vielen als innovatives Genie galt, war vor dem Wochenende ein konkurrenzfähiger Mannschaftsführer, der im Herbst in Deutschland harte Niederlagen hinnehmen musste. Das Ergebnis ist eine weitere Krise. Doch dann gewann er am Samstag in Frankreich mit 2:0, mit einem Tor nach sieben Sekunden, mit der Rückkehr von Toni Kroos als Architekt.
Über den Autor
Willem Vissers ist seit über 25 Jahren Fußballjournalist. von Volkskrant. Er hat über acht Weltmeisterschaften berichtet. 2022 wurde er zum Sportjournalisten des Jahres gekürt.
Jetzt ist es an der Zeit, diese ausgelassene Atmosphäre wieder zu beruhigen. „Verfalle nicht in Hysterie, teile nicht das Gefühl, dass das nur sehr gut oder sehr schlecht sein kann“, sagt er. Und wenig später auf die Frage, was so ein extremer Umgang im Land mit ihm persönlich macht, vom „Kreuzigen“ bis zum Hosianna und umgekehrt, dem Festhalten an der Osterwoche. „Ich verstehe, dass die Presse in Extremen schreibt. Ich versuche einfach, nicht so zu denken. Wir lesen auch am liebsten Artikel über unsere Leistungen, daher liegt es an uns, dafür zu sorgen, dass solche Artikel erscheinen. An diesem Schwarz-Weiß-Denken dürfen wir uns nicht beteiligen, so verständlich es auch sein mag.
Moderner Trainer mit ausgeklügelten Trainingsgeräten
Nagelsmann ist ein moderner Trainer, der seinen Spielern viel abverlangt und sie immer wieder herausfordert, teilweise mit genialen Übungen. Matthijs de Ligt arbeitete ein Dreivierteljahr mit ihm zusammen, bis der Bayern-Trainer vor einem Jahr entlassen wurde. „Er war sehr modern in der Art und Weise, wie er trainierte. Es war eine Abwechslung zu dem, was ich in den Vorjahren (bei Juventus) gewohnt war. Es geschah auch alles mit hoher Intensität.
Nagelsmann ist außerdem lustig und schlagfertig. Auf die Frage, ob die niederländische Mannschaft wie 1988 die Europameisterschaft in Deutschland gewinnen könne, antwortete er trocken: „Ja, sie machen mit.“ Dann können auch Sie gewinnen. Kurz zuvor hatte er einen Journalisten gerügt. „Kannst du etwas leiser sein?“ Das wäre höflich. Zu einem anderen sagt er, er wolle nicht, dass eine Schlagzeile über die Mentalität von Leroy Sané im Zusammenhang mit einer von ihm gemachten Aussage außer Kraft gesetzt werde. Mit einem Witz: „Wenn ich das lese, werde ich Sie verklagen. »
Dass Deutschland völlig unerwartet gegen die Franzosen gewonnen hatte, kam ihm gut. „Es ist eine Bestätigung gegen die Niederlande. Wir haben einfach sehr gut gegen eine Spitzenmannschaft gespielt. Um die schwierigen Zeiten zu beenden und die Mannschaft neu zu formen, holte er Toni Kroos nach drei Jahren Abwesenheit zurück. Der Mittelfeldspieler von Real Madrid, ehemaliger Weltmeister, war nicht immer dabei.“ in Deutschland geschätzt. Tony Querpass, riefen sie ihn spöttisch. Toni Breedtepass.
Aber jetzt die Süddeutsche Zeitung ihn wie Toni den Großen, wie eine Art Kaiser. Das Vertrauen in den deutschen Erfolg schwand nach den Herbstniederlagen gegen Österreich und der Türkei und der wachsenden Kritik fast. Wenn es so weiterginge, würde Nagelsmann es nicht einmal zur Europameisterschaft schaffen, hieß es in den Kommentaren. Dann stellten sie bei Bedarf für eine Zeit lang Rudi Völler wieder an die Spitze der Gruppe, der nach der WM auch eine Zeit lang Feuerwehrmann war. Völler sprach von den alten Tugenden des deutschen Fußballs. Harte Arbeit und viel Intensität.
Viele Neuankömmlinge riefen an
Nagelsmann bestätigt diese Sichtweise und hat sich auch dazu entschieden, sich mehr auf die Form zu konzentrieren, anstatt die mehr oder weniger dauerhaften Nationalspieler aufzubieten. Veteranen wie Mats Hummels und Leon Goretzka wurden nicht ausgewählt. Er holte viele Neuzugänge, darunter den Leverkusener Robert Andrich, der bereits den Spitznamen Kroos‘ Leibwächter erhielt. Andrich: „Toni ist ein unglaublicher Spieler. Ich versuche ihm zu helfen. Wir ergänzen uns. Niederländischer Nationaltrainer Ronald Koeman: „Kroos hatte auch viele Freiheiten. Er ist also großartig.“
Deutschland gilt seit langem als Vorzeigeland im Fußball und führte 2014 zu Brasiliens Weltmeistertitel. Das Adidas-Trikot füllte die Skyline der Copacabana in Rio. Jeder wollte Deutschland nachahmen, mit seinem physischen Fußball, schnell, stark und jetzt auch schön. Seitdem hat sich die Situation allmählich verschlechtert. Hansi Flick wurde nach der WM in Katar entlassen, nachdem der Ruf von Jogi Löw in den Jahren zuvor langsam verblasst war. Bei der letzten WM schied Deutschland mit Gruppenniederlagen gegen Südkorea und Japan aus.
Gleichgewicht wiederherstellen
Nagelsmann hofft, eine neue Balance wiederherzustellen, eine Mischung aus schönem, modernem Fußball und alten Werten. Am Montag zeigte er sich stolz, vor allem gegenüber Routinier Joshua Kimmich: „Haben Sie das Endsignal in Frankreich gesehen?“ Wie Joshua reagierte und vor Freude über den Sieg jubelte. Es ist rein. Er inspiriert junge Spieler und bringt ihnen bei, was es bedeutet, ein Profi zu sein, der immer gewinnen will.
De Ligt ist nicht überrascht, dass die Deutschen gegen Frankreich gewonnen haben. Er trainiert mit Spielern wie Jamal Musiala und Kimmich. Reine Qualität. De Ligt ist am Dienstag Startspieler und freut sich auf das Spiel. Die Rivalität ist anders als zuvor. Ein Spieler, der sich mit einem deutschen Trikot den Hintern abwischt, wie Koeman es nach dem Gewinn des EM-Halbfinales 1988 tat und wofür er sich immer wieder entschuldigte, wird nicht noch einmal passieren. De Ligt, rätselhaft: „Die Rivalität wird immer da sein, aber sie hat abgenommen. In früheren Spielen war es nach bestimmten Ereignissen kürzer.
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