Anfang der 1950er Jahre galt die Reichssozialistische Partei (PRS) als Schande für die junge Demokratie Westdeutschlands. Dennoch duldeten die Bundesbehörden die politischen Aktivitäten dieser Neonazi-Bewegung eine Zeit lang.
Es genügte eine Rede eines SRP-Mitglieds in Braunschweig, in der Widerstandskämpfer des nationalsozialistischen Regimes als „Verräter“ bezeichnet wurden. Innenminister Robert Lehr, der eine Geschichte des Widerstands hatte, kam zu dem Schluss, dass sich die SRP nicht von Hitlers NSDAP unterscheide. Er leitete den Prozess ein, die Partei verbieten zu lassen.
Im heutigen Deutschland wird der Ruf nach ähnlichen Maßnahmen zur Unterstützung der Alternative für Deutschland (AfD) immer lauter. In landesweiten Umfragen liegt die rechtsextreme Partei mit rund 20 Prozent der Stimmen meist auf dem zweiten Platz. In den Bundesländern der ehemaligen DDR, in denen im Herbst gewählt wird, ist die AfD mit Abstand die größte. Und während sich die vom Verfassungsschutz streng überwachte Partei immer weiter radikalisiert.
Gefährliche Exzesse
Im Fall der SRP lag die endgültige Entscheidung letztlich beim Bundesverfassungsgericht, dem Verfassungsgericht mit Sitz in Karlsruhe. Dies wurde bei der Gründung der Bundesrepublik beschlossen. Vor allem galt es zu verhindern, dass die Regierungen selbst unerwünschte politische Gegner einfach ins Abseits drängten, wie dies unter den Nationalsozialisten 1933 und unter den Kommunisten in der DDR der Fall war.
Gleichzeitig waren die Streitereien und erbitterten Auseinandersetzungen während eines Teils der Weimarer Jahre noch in frischer Erinnerung. Die Verfassung der Bundesrepublik trägt die Spuren dieses Traumas. Eine Wahlsperre sollte eine größtmögliche Zersplitterung verhindern. Die Möglichkeit, Parteien zu verbieten, bot die Möglichkeit, in ungewollte und gefährliche Auswüchse einzugreifen.
Es erregte weiterhin Aufmerksamkeit in einem Land, in dem in einer Meinungsumfrage von 1951 40 Prozent der Befragten die Jahre 1933–1939 als die besten Jahre der jüngeren Geschichte bezeichneten. Und ein Dritter meinte, Hitler sei der größte Staatsmann des 20. Jahrhunderts oder „ein ausgezeichneter Führer“.
Die SRP wurde 1949 von Leuten gegründet, die andere rechtskonservative Parteien für nicht radikal genug hielten. Die Mitgliederbasis war voll von ehemaligen NSDAP-Mitgliedern. Ressentiments, Antisemitismus und extremes Gedankengut haben sich aufgebaut. Die Partei, die auch heimlich Geld vom sowjetischen Geheimdienst erhielt, lehnte auch den Ansatz Westdeutschlands gegenüber der NATO ab.
Christenverfolgung in der Römerzeit
Bei der Landtagswahl in Niedersachsen erreichte die Partei inzwischen 20 Prozent der Stimmen. Vor Ort könnte dieser Wert sogar 30 Prozent erreichen.
Das Verfassungsgericht entschied 1952, die SRP zu verbieten. Die Parteiführung verglich es mit der Christenverfolgung in der Römerzeit und sprach vom Märtyrertum. Auch Ersatzorganisationen hatte das Bundesverfassungsgericht verboten. Versuche, es auf indirektem Weg in Gang zu bringen, waren wenig erfolgreich.
Die Vorbereitungen für das einzige Verbot anderer Parteien in der deutschen Nachkriegsgeschichte hatten bereits begonnen. Ab 1950 hatten Mitglieder der nach dem Ersten Weltkrieg gegründeten Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) keinen Platz mehr in der Regierung und in der Armee. Die Unterstützung war geringer als beim SRP.
Innerhalb und außerhalb des Parlaments betrachteten viele die KPD als eine Marionettengruppe des ostdeutschen Regimes. Als der Kalte Krieg die Bundesrepublik und den Rest der Welt stärker in den Griff bekam, folgte auf das zuvor von der Adenauer-Regierung verkündete Berufsverbot auch ein Parteiverbot. Im Jahr 1956 entschied das Verfassungsgericht, dass damit auch das Geschäftsjahr der KPD zu Ende sei. Für eine Partei, die die bestehende Ordnung notfalls mit Gewalt stürzen wollte, war in der westdeutschen Demokratie kein Platz.
Paul van der Steen betrachtet die Nachrichten jede Woche aus historischer Perspektive.
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