Für die protestierenden Bauern bleibt abzuwarten, wie groß und erfolgreich ihre Demonstration am Brandenburger Tor sein wird. Und für die Mitte-Links-Ampelkoalition bleibt abzuwarten, ob der nun abgeschwächte Sparvorschlag Bestand haben wird.
Ein Instrument zur Erfolgsmessung deutscher Landwirte
Für Deutschlands protestierende Landwirte ist der Erfolgstest scheinbar einfach: Wie groß wird ihre bundesweite Demonstration am Montag, 15. Januar, in Berlin sein? Wird es nur ein paar hundert Traktoren geben, nur ein paar tausend Bauern, oder werden Unter den Linden Zehntausende Demonstranten und mehrere Tausend landwirtschaftliche Fahrzeuge bevölkert sein?
Darüber hinaus tagt der Agrarausschuss des Bundestags am Dienstag, 16. und Mittwoch, 17. Januar, die Minister der sechzehn Länder beraten am Donnerstag über Sparvorschläge und am 19. Januar beginnt in Berlin die Grüne Woche. Kurzum: Viele deutsche Landwirte hatten bereits geplant, diese Woche nach Berlin zu reisen.
Dämpfungswirkung durch regionale Verteilung
Letzte Woche waren bei einem Dutzend regionaler Veranstaltungen mehrere tausend Fahrzeuge an stark befahrenen Kreuzungen in mehreren deutschen Städten unterwegs. Obwohl es in den deutschen Agrarverbänden einen bundesweiten Bauernverband (DBV) gibt, sind diese überwiegend auf regionaler und Landesebene organisiert. Ihre Organisations- und Mobilisierungsmacht liegt auf staatlicher Ebene.
In diesem Fall wirkt sich diese regionale Streuung „moderierend“ auf die deutsche Politik aus. Viele Aufgaben und Befugnisse (und Budgets!) liegen bei den sechzehn Landesregierungen. Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft Cem Özdemir (Grüne) ist zwar Bundesminister, für viele seiner Entscheidungen ist er jedoch auf die Mitarbeit der sechzehn BMEL-Minister der Länder angewiesen.
Eine Modernisierung der deutschen Landwirtschaft ist notwendig
Und diese Minister gehören unterschiedlichen politischen Parteien an: Derzeit gibt es in sechs Bundesländern einen CDU/CSU-Landwirtschaftsminister. Das bedeutet, dass es in der bundesweiten BMEL-Politik zwischen Koalition und Opposition, zwischen Rot-Gelb-Grün und Schwarz wenig zu diskutieren oder zu beschuldigen gibt. Zwar geraten vor allem die Grünen und die FDP-Liberalen ins Visier enttäuschter Landwirte, doch Özdemir hält dem oft mit dem Hinweis entgegen, dass es in den letzten fünfzig Jahren vor allem CDU-Minister gewesen seien, die (neben der Zustimmung der SPD) das Sagen hätten Deutsche Agrarpolitik. Und in seinen Worten: vor allem, dass es ihm nicht gelungen ist.
Selbst viele Agrarunternehmer sind sich einig, dass die deutsche Viehzucht, die Landwirtschaft und der Gartenbau modernisiert werden müssen. Diese Notwendigkeit wurde von Borcherts Zukunftsausschuss (sprich: dem Deutschen Johan Remkes) deutlich unterstrichen. Und diese Notwendigkeit liegt sicherlich nicht nur an den Forderungen Berlins oder Brüssels in Sachen Artenvielfalt, Tierschutz, Klima oder dem Green Deal.
Wie finanziert man den landwirtschaftlichen Wandel?
Doch in der deutschen Politik herrscht noch Uneinigkeit darüber, wie eine solche Agrarwende finanziert werden soll. An der Kasse? Oder sollten Fleischkonzerne, Supermärkte und die Chemieindustrie damit beginnen, einen Teil ihrer Milliardengewinne in die Lebensmittelproduktion zu reinvestieren?
Die deutsche Wirtschaft könnte in eine Rezession geraten
Auch wenn sich die deutsche Landwirtschaft in den letzten Jahren recht gut entwickelt hat, muss sie – wie auch in anderen EU-Ländern – damit rechnen, dass die Einkommensbeihilfen in den kommenden Jahren geringer ausfallen werden. Und es gibt immer noch viel „Verzögerung“ aufzuholen: siehe Nitratverschmutzung und Güllebehandlung. Zudem geht es der deutschen Wirtschaft schlechter als der anderer EU-Länder. Neue Jahres- und Quartalszahlen werden in den nächsten zwei Wochen in Berlin veröffentlicht; Die deutsche Wirtschaft könnte in eine Rezession geraten.
Der deutschen Koalition geht es schlecht
Die Popularität der deutschen Koalition ist schlecht. Radikale politische und landwirtschaftliche Gruppen versuchen, die Agrardiesel-Debatte zu kapern. Lkw- und Bahnfahrer streiken bereits; Jetzt gehen die Bauern auf die Straße. Unter diesem schlechten Stern muss die Koalition von Bundeskanzler Olaf Scholz in den nächsten zwei Wochen versuchen, milliardenschwere Haushaltskürzungen im Bundestag zu verabschieden. Das könnte auch für die Ampel-Koalition eine entscheidende Situation sein….
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