Warum die deutsche Immobilienbranche in Schwierigkeiten steckt

Deutschland hat lange von einer Ära des billigen Geldes profitiert, die einen jahrzehntelangen Immobilienboom befeuerte, doch jetzt steht der Sektor vor einem tiefgreifenden Umschwung.

Als jüngstes Zeichen der Spannungen in der Branche verzeichnete Deutschlands größter Immobilienkonzern Vonovia Verluste und Abschreibungen in Milliardenhöhe, und das Beschäftigungswachstum im Baugewerbe stagnierte.

Hier sind einige wichtige Fragen im Verlauf der Krise:

WARUM SORGEN WIR SICH UM DEUTSCHLAND?

Fragile Immobiliensituationen gab es auch in den Vereinigten Staaten und Schweden, aber Deutschland ist wichtig, weil es Europas größte Volkswirtschaft und der größte Immobilieninvestmentmarkt des Kontinents ist.

Nach Angaben des Bundesverbandes Immobilienwirtschaft erwirtschaftet die Immobilienbranche rund ein Fünftel der Wirtschaftsleistung und jeden zehnten Arbeitsplatz.

Wie schlimm ist es?

In Deutschland ging der Neubau im ersten Halbjahr um 47 % im Vergleich zum Durchschnitt der letzten beiden Jahre zurück, und die Zahl der neuen Baugenehmigungen ging in den ersten fünf Monaten um 27 % zurück.

Auch die Immobilienpreise sanken im ersten Quartal, der stärkste Rückgang seit Beginn der Datenerhebung durch das Statistische Bundesamt: um 6,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Im September werden die Daten zeigen, inwieweit sich der Trend fortsetzt und wie die Beschäftigungssituation im Baugewerbe ist.

„Die aktuelle Krise wird sicherlich noch einige Zeit anhalten“, sagte Sven Carstensen, Geschäftsführer von Bulwiengesa, einem Immobilienberatungs- und Analyseunternehmen.

Was steckt hinter der Pause?

Der Hauptfaktor ist ein plötzlicher und schneller Anstieg der Zinssätze durch die Europäische Zentralbank, die mit der höchsten Inflation seit Jahrzehnten zu kämpfen hat, aber das ist noch nicht alles.

Auch die Baukosten sind gestiegen und die Nachfrage nach Büro- und Gewerbeflächen ist infolge der Pandemie zurückgegangen. Der Krieg in der Ukraine hat auch dazu geführt, dass deutsche Immobilien in den Augen ausländischer Investoren riskanter geworden sind.

„Wenn man ein Investor aus dem Nahen Osten ist, scheint Deutschland der Ukraine ziemlich nahe zu sein. Sie sagen: ‚Ich möchte Geld in die USA und nach Asien stecken und nicht nach Deutschland.‘“, sagte Florian Schwalm, Berater bei EY .

UND DANACH?

Deutschland, dessen Bevölkerung zuletzt durch den Zustrom von Millionen Migranten und Flüchtlingen aus der Ukraine zugenommen hat, will jährlich 400.000 Wohnungen bauen, hat aber Schwierigkeiten, seine Ziele zu erreichen.

Am 25. September werden sich Politiker, Ministerien und die Immobilienbranche mit Bundeskanzler Olaf Scholz treffen, um Lösungen zu finden, und einige machen bereits Vorschläge zur Belebung der Branche.

WAS SIND DIE IDEEN?

Letzte Woche forderte die deutsche Wohnungsbauministerin Klara Geywitz zusätzliche Steuererleichterungen, um die Baukosten neuer Wohngebäude abzufedern.

Der Präsident des Bundesverbandes Immobilienwirtschaft, Andreas Mattner, drängt die Regierung, die Steuern auf Immobilienverkäufe vorübergehend auszusetzen, und fordert ein zinsgünstiges Kreditprogramm zur Förderung des Baus neuer Häuser.

Tim-Oliver Müller, Präsident des Bundesverbandes der deutschen Bauunternehmen, fordert ein Paket von Sofortmaßnahmen, darunter den Verkauf öffentlicher Grundstücke zu einem günstigeren Preis für die Miete von Gebäuden.

Mariele Geissler

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