Es ist Eurovision-Woche. Was hat das mit Wurst zu tun? Nichts, aber ich war heute früh auf der Suche nach Informationen zu Conchita Wurst, nachdem ich mich von einer Kollegin beworben hatte, als mein Blick auf einen ganz anderen Artikel zum Thema „Wurst“ fiel. In Deutschland gibt es seit einiger Zeit wissenschaftliche Experimente mit dem Einsatz künstlicher Intelligenz (KI) für die Wurstherstellung.
Würstchen machen ist eine Kunst…
Deutschland ist natürlich das Wurstland schlechthin. Mettwurst, Leberwurst, Bratwurst, Currywurst (eine meiner Lieblingswurst), Blutwurst, Landjägerwurst … und ich könnte so weitermachen. Gute Würste, insbesondere Trockenwürste, müssen monatelang reifen, bevor sie essbar sind. Dieser Prozess ist viel komplizierter als Sie vielleicht denken. Und ich übrigens auch. Es geht nicht darum, Schweine- und/oder Rindfleisch und Fett in ein „Paket“ aus Kunstdarm zu stecken, aufzuhängen und ein paar Monate später zu zerschneiden.
Wie bei vielen Reifungsprozessen spielt die Umwelt eine große Rolle. Schwankungen von Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Licht (am besten möglichst dunkel) beeinflussen die Reifung und damit auch den Geschmack der Wurst. In Calden, etwas oberhalb von Kassel, wird die berühmte Ahle Wurst – vor allem in Deutschland – hergestellt.
… und künstliche Intelligenz kann helfen
Der Inhaber und Wursthersteller der Fleischerei Koch hat mit einem Wissenschaftler der Universität Kassel ein Experiment gestartet, bei dem sie erkunden ob künstliche Intelligenz einen Mehrwert für die Produktion von Ahle Wurst bringen kann.
Einer der variablen Faktoren ist die Nase der Wursthersteller. Natürlich hat jeder seinen eigenen Geschmack und Geruch. Während des Reifeprozesses werden die Reifezeit und das „Klima“ je nach Geschmack und Geruch angepasst, um letztendlich die beste Wurst zu liefern. Künstliche Intelligenz kann diesen Prozess unterstützen, der oft auf den Riecher und das Auge des erfahrenen Metzgers angewiesen ist.
Boucher und die Universität arbeiten zusammen
Gemeinsam mit der Landfleischerei Koch in Calden haben Informatiker der Universität Kassel nun ein System entwickelt, bei dem künstliche Intelligenz die Nasen und Augen erfahrener Metzger unterstützt. Mithilfe von Sensoren werden Faktoren wie Temperatur und Luftfeuchtigkeit im Raum sowie der Wassergehalt oder pH-Wert der Würste gemessen. Diese Daten werden dann in einem zentralen Computer gespeichert.
Mithilfe einer Software und eines KI-Algorithmus werden die notwendigen Schritte berechnet, um den Wurstreifungsprozess zu optimieren. Sollte man lüften? Ist es zu heiß oder zu kalt, zu nass oder zu trocken? Soll die Wurst gewaschen werden? Anschließend erhält das System Feedback von den Wurstherstellern. Mit diesem Feedback wird der KI-Algorithmus für die Wurstherstellung weiter verfeinert.
„Wenn das System funktioniert, kann es nicht nur die Produktqualität steigern, sondern auch dem Fachkräftemangel entgegenwirken“, sagt Katharina Koch, Inhaberin der Landfleischerei Koch in Calden.
„Die Wurstproduktion ist ideal für die Entwicklung potenzieller KI- und maschineller Lernanwendungen für den Lebensmitteleinzelhandel. Ähnliche Systeme sind beispielsweise für Handwerksbäckereien oder Käsereien denkbar“, erklärt Prof. Dr. Klaus David von der Universität Kassel.
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