Fest steht, dass Gänswein seit Januar 2020 nicht mehr als Präfekt des Hauses im Vatikan aufgetreten ist. Der Urlaub wurde jedoch nie offiziell ausgesprochen. Im Päpstlichen Jahrbuch ist der Erzbischof noch immer als Präfekt aufgeführt, ohne Hinweis auf seinen Urlaub. Eine Rückkehr in eine aktive Rolle in dieser Position ist daher sicherlich nicht ausgeschlossen.
Zu jung für den Emeritierungsstatus
Mit 66 ist Gänswein ohnehin zu jung für den Ruhestand – das übliche Rentenalter für Bischöfe liegt bei 75. Experten des Vatikans spekulieren daher schon länger darüber, ob sein einzig verbliebene Arbeitgeber, Papst Franziskus, noch etwas anderes für ihn bereithält.
Auch die Vorliebe des Vatikans für historische Präzedenzfälle kann hier hilfreich sein. Angesichts der kirchenpolitischen Lage ist es schwer vorstellbar, dass Franziskus dem konservativen Erzbischof in seiner Heimat Deutschland einen wichtigen Bischofsposten gibt. Benedikt XVI. tat es mit dem Privatsekretär seines Vorgängers: Im Juni 2005 ernannte er Stanislaw Dziwisz zum Erzbischof von Krakau, Polen.
Bischof von Bayern?
Eine mögliche Option ist jedoch, Gänswein zum Bischof in Bayern zu ernennen. Anders als in allen anderen deutschen Bundesländern ist der Papst weitgehend frei in der Entscheidung, wen er in den bayerischen Diözesen ernennt.
Eine Alternative ist eine Ernennung zum Vorsteher eines großen Heiligtums. Davon gibt es mehrere, nicht nur in Bayern. Gänswein würde dann in die Fußstapfen zweier päpstlicher Privatsekretäre der letzten Jahrzehnte treten.
Papst Paul VI. ernannte Loris Capovilla, den treuen Assistenten von Johannes XXIII., zum ersten Erzbischof von Chieti und später zum „päpstlichen Delegierten“ für das große italienische Marienheiligtum von Loreto. Capovilla blieb dort bis 1988, als ein weiterer ehemaliger Privatsekretär des Papstes den Posten übernahm: Pasquale Macchi, der seinerseits Paul VI. gedient hatte.
Botschafter des Vatikans?
Auch das ist denkbar Gänswein als Apostolischer Nuntius – Botschafter des Vatikans – auf einen geeigneten Posten – vorzugsweise in Europa oder Amerika – entsandt wird. Große diplomatische Erfahrung sammelte der polyglotte Kirchenjurist in seiner aktiven Zeit als Präfekt des Päpstlichen Hauses.
Eine weitere Option für ihn ist, Kirchenrecht an einer der päpstlichen Universitäten in Rom zu lehren.
Priester Erzdiözese Freiburg
Formal ist Gänswein übrigens immer noch Priester des Erzbistums Freiburg. In dieser südwestdeutschen Diözese wurde er 1984 ordiniert.
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