Alles sieht gut aus, aber über der Langstreckenserie des Nürburgrings ziehen im übertragenen Sinne dunkle Wolken auf
Morgen findet auf dem Nürburgring das zweite Saisonrennen der Nürburgring Langstrecken Serie (NLS) statt. Das Regenrisiko liegt bei über 80 %, aber die Temperatur ist hoch genug, um das Rennen normal fortzusetzen, eine gute Nachricht mit 141 gemeldeten Autos. Bildlich gesprochen ziehen jedoch dunkle Wolken auf, denn hinter den Kulissen rumort es in der NLS.
Text: René de Boer (Twitter: @renedeboer)
Fotos: PR, Rebocar/R. der Bauer
Die Organisation NLS gab heute in einer Pressemitteilung bekannt, dass der Automobilclub von Deutschland (AvD) für einen Zeitraum von drei Jahren als neuer Sponsor der Rennserie fungieren wird. Das rote Vereinslogo ist auf allen Fahrer-Overalls zu sehen und ersetzt dort das gelbe ADAC-Logo, das bisher das vorgeschriebene Sponsorenabzeichen war.
Wir wissen seit Jahren, dass die Stimmung zwischen den beiden deutschen Autoclubs nicht gut ist. Es ist ein bisschen eine Geschichte von David gegen Goliath, denn der 1899 gegründete AvD mit 1,4 Millionen Mitgliedern ist ein Bruchteil des 1903 gegründeten ADAC mit 21,4 Millionen Mitgliedern. er besitzt die Rechte am Großen Preis von Deutschland, da der Club am 11. Juli 1926 als erster eine Veranstaltung mit diesem Titel ausrichtete. Auch bei der Gründung der FIA gehörte der AvD zu den Mitgliedern. Traditionell ist der AvD der prestigeträchtigste Verein, in den Niederlanden vergleichbar mit der Situation des KNAC im Vergleich zum ANWB.
Anders als in den Niederlanden, wo der ANWB im Motorsport keine Rolle spielt, ist dies ein wichtiger Aspekt für die deutschen Automobilclubs, die teilweise von den verschiedenen regionalen und lokalen Clubs unter dem Dach der nationalen Organisation unterstützt werden. Und auch dort hat der ADAC schon allein durch die Mitgliederzahl deutlich mehr Ressourcen und ist daher viel aktiver. In Motorsportkreisen ist das ADAC GT Masters bisher wohl das bekannteste, aber Ende letzten Jahres erwarb der ADAC auch die Rechte an der DTM, während zum Beispiel der Deutschlandlauf der MotoGP auf dem Sachsenring auch eine Aktivität des ADAC ist. ebenso wie die Deutsche Rallye-Meisterschaft, unzählige lokale und regionale Veranstaltungen von Motorbootrennen bis Kart-Slaloms, der alljährliche Truck-Grand-Prix und die 24 Stunden auf dem Nürburgring. Der ADAC organisiert seit vielen Jahren auch den deutschen Lauf zur Rallye-Weltmeisterschaft und ist die wichtigste Partei bei der Organisation des neuen mitteleuropäischen Rallye-Weltcup-Wettbewerbs, der in Süddeutschland, Tschechien und Österreich ausgetragen wird Ende Oktober.
Mit der DTM hat der AvD endlich ein motorsportliches Betätigungsfeld gefunden, um auf der Straße arbeiten zu können, aber nicht mehr lange
Nach dem Verlust des Großen Preises der Formel 1 von Deutschland hatte der AvD nicht mehr viel sportliche Aktivität, kehrte aber Ende 2020 wieder ins Rampenlicht, als die damalige DTM-Organisation ITR den AvD für die Sportorganisation engagierte. So kommen beispielsweise Rennleitung, Technische Kommissare und andere Funktionäre bei DTM-Veranstaltungen über den AvD, der mit seinem Engagement in der prestigeträchtigen Serie große Fortschritte gemacht hat. Diese endete jedoch mit dem Verkauf der DTM-Rechte an den ADAC im Dezember.
Nürburing: Mit NLS-Rennen mehr verdienen
In der Zwischenzeit hatte die Geschäftsleitung des Nürburgrings den Wunsch entwickelt, weitere NLS-Rennen zu gewinnen, deren Gewinne bisher weitgehend den neun Clubs zugute kamen, von denen jeder eine der Veranstaltungen ausrichtet, und allen Aktionären der Organisation. Organisation. Auch, wie hinter den Kulissen zu hören ist, wollten die Leute am Nürburgring den Einfluss des ADAC, der aufgrund des 24-Stunden-Rennens als Aushängeschild – übrigens nicht Teil der NLS-Meisterschaft – aber auch mit Events wie Truck -Grand Prix und das DTM/GT-Masters-Wochenende spielen auf dem Eifelkurs eine sehr wichtige Rolle.
Unter den Teilnehmern an NLS-Wettbewerben lief und läuft es unterdessen nicht rund, wie im vergangenen Jahr regelmäßig zu hören war und auch eine umfangreiche Umfrage unter beteiligten Personen ergab. Die kleineren Teams fühlen sich benachteiligt und empfinden den Einfluss der größeren Teams, die teilweise vom Werk mit GT3-Fahrzeugen unterstützt werden, als zu groß; es gab Kritik von einigen Leuten innerhalb der Organisation; Die Tatsache, dass die Kosten steigen, auch durch allerlei organisatorische Maßnahmen, kommt nicht gut an und auch die Nordschleifen-Permit (die Zwangslizenz zum Befahren der Nordschleife) steht in der Kritik. Die NLS-Organisation reagierte teilweise: Einige Beamte wurden ersetzt und andere Verbesserungen wurden versprochen.
Hinter den Kulissen saßen die Mitglieder der Organisation, die das Feld verlassen mussten, nicht tatenlos daneben. Sie suchten den Kontakt zum Nürburgring, fanden dort ein offenes Ohr und bekamen auch die Unterstützung des AvD, der sich nach dem Wegfall der DTM mit den Langstreckenrennen des Nürburgrings auf einer neuen Plattform profilieren wird. Die Idee ist, dass eine neue Organisation gegründet wird, bei der die veranstaltenden Clubs nur einen festen Betrag für ihre Leistungen erhalten und die Gewinne größtenteils an den Nürburgring (zur Hälfte) und den AvD (zu 25%) gehen und der Rest ausgeschüttet wird unter den Clubs – sofern diese Clubs die neue Struktur akzeptiert haben. Und dass dies in einer Situation geschieht, in der sechs der neun Vereine eine Verbindung zum ADAC haben (die anderen drei sind dem sehr kleinen DMV angeschlossen, der in diesem Spiel um die Wette kaum eine Rolle spielt), ist die Frage. .
Der ADAC hat mit dem 24-Stunden-Rennen einen wichtigen Trumpf (hier der siegreiche Phoenix-Audi von unter anderem Robin Frijns aus dem Jahr 2022).
Theoretisch könnte der ADAC auf den Fersen bleiben und nicht mit der neuen Struktur kooperieren – bei der die beteiligten Regional- oder Ortsvereine natürlich eine gewisse Eigenständigkeit, aber auch ein finanzielles und teils logistisches Interesse an einem guten Verhältnis haben. mit der ADAC-Zentrale in München – was die Situation aber nicht einfacher macht. Um den Teilnehmern die Arbeit zu erleichtern, verwenden beispielsweise die NLS und das 24-Stunden-Rennen (eine ADAC-Veranstaltung) seit vielen Jahren die gleiche Klassenstruktur und das gleiche technische Reglement. Der ADAC Nordrhein als Veranstalter des 24-Stunden-Rennens sorgt auch für die „Balance of Performance“ für die GT3-Fahrzeuge der NLS, während das Konzept der V-Klassen (Serienfahrzeuge) aus der NLS und auch vom 24 -Stunden-Rennen gilt. All diese Verbindungen bedeuten eigentlich, dass die Parteien einander zum Scheitern verurteilt sind, aber die bestehende Zusammenarbeit auf dem alten Niveau fortgesetzt wird, scheint, gelinde gesagt, unwahrscheinlich.
Wie es weitergeht, ist zum jetzigen Zeitpunkt schwer zu sagen. Nach Angaben von AUTOSPORT.NL müssen die betroffenen Clubs sehr kurzfristig – möglicherweise sogar noch an diesem Wochenende – entscheiden, ob sie die neue Konfiguration akzeptieren oder nicht. Und das, während der nationale ADAC in München dieses Thema nur für eine Sitzung bis Ende April auf der Tagesordnung haben würde…
Chance für Creventic?
Für die Teilnehmer, die anfangs froh zu sein schienen, dass ihnen zugehört wurde und dass an der Zukunft der Serie gearbeitet wurde, führte diese Situation nur zu mehr Unsicherheit. Wir haben bereits Ideen gehört, dass der ADAC eine eigene Langstrecken-Rennserie starten könnte, nicht unbedingt nur auf dem Nürburgring, da es viele andere großartige Strecken zu genießen gibt. In diesem Zusammenhang wurde – wiederum unverbindlich und nur als Idee, wie Motorsport-Enthusiasten untereinander philosophierend – auch der Name der Agentur Creventic als möglicher Partner der Organisation genannt. Schließlich ist auch dort genug Erfahrung im Bereich Langstreckensport vorhanden und ADAC und Creventic arbeiten bereits als Partner im German Prototype Cup zusammen. Ist es realistisch? Keine Ahnung, aber in einer Zeit, in der sich die allgemeine Situation des Motorsports, jedenfalls in Deutschland, nicht bessert, ist Kreativität angesagt. Und das bedeutet auch, dass man für alle Möglichkeiten offen ist, solange es dem Sport zugute kommt.
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