Im Sommer letzten Jahres wurde an der spanischen Costa del Sol ein verdeckter deutscher Polizist gefoltert und ermordet. Nach Recherchen von WDR und NDR war der 33-jährige Serbe ein verdeckter Ermittler der hessischen Polizei, der zur Unterwanderung von Drogennetzwerken eingesetzt wurde.
Cannabis und Kokain
Die hessische Polizei soll den Serben gezielt eingesetzt haben, um gegen einen internationalen Drogenring zu ermitteln, der angeblich in großem Umfang mit Cannabis, Kokain und anderen Drogen handelt. Die Angaben des ermordeten Polizeiinformanten dürften bereits in verschiedenen Ermittlungen verarbeitet worden sein.
Ferienhaus
Das Leben des verdeckten Ermittlers Aleksandar K. endete auf einem Stuhl in einer Ferienwohnung im südspanischen Marbella. Mit einer Plastiktüte über dem Kopf und gefesselten Händen und Füßen wurde der Serbe Berichten zufolge tagelang gefoltert, bevor ihm zweimal in den Kopf geschossen wurde.
Deutscher Aufenthaltstitel
Am 30. Juni 2022, einen Tag nach dem Mord, entdeckte der Besitzer die Leiche. Es dauerte einige Zeit, bis die spanische Polizei den Toten identifizierte. Er hatte keine Ausweispapiere bei sich, in der Wohnung der Ferienanlage soll jedoch ein deutscher Aufenthaltstitel gefunden worden sein.
Drogenhandel
Entsprechend Forschung Nach Angaben des WDR und des NDR arbeitete der Serbe als Spitzel für die hessische Polizei. Aleksandar K., der zuletzt im hessischen Offenbach lebte, war angeblich in den Drogenhandel eines europäischen Netzwerks verwickelt und sollte im Auftrag der hessischen Polizei Hinweise auf die Aktivitäten von Drogenbanden geben.
Abgefangene Kommunikation
Noch ist unklar, warum K. letztes Jahr an der Costa del Sol ermordet wurde. Möglicherweise wurde der Serbe vor seiner Ermordung denunziert. Der hessischen Polizei liegen nun, insbesondere aus abgehörten Telefongesprächen, Hinweise darauf vor, dass K. seinen Mördern unter Folter gestanden hat, dass er als Informant für die deutsche Polizei gearbeitet hatte.
Verurteilter Anwalt
Der V-Mann spielte auch im Prozess gegen den Frankfurter Anwalt Benjamin D. eine Rolle, der im Juli vom Landgericht Frankfurt am Main wegen Drogenhandels und Geldwäsche zu sieben Jahren und neun Monaten Haft verurteilt wurde.
Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der 46-jährige Anwalt den Drogentransport von Spanien ins Rhein-Main-Gebiet mitorganisiert hatte. D. soll zusammen mit anderen Verdächtigen eine Art Spedition gegründet haben, mit der Drogen, darunter auch Cannabis, aus der Region Barcelona nach Deutschland geschmuggelt wurden.
„Ignacio Varga“
Benjamin D. soll die Drogentransporte hauptsächlich über verschlüsselte EncroChat-Nachrichten abgewickelt haben. Dort nannte er sich „Ignacio Varga“, nach einer kriminellen Figur in der amerikanischen Krimiserie Better Call Saul. D. legte vor Gericht zahlreiche Geständnisse ab, in denen er seine Kokainsucht und seinen starken Alkoholkonsum darlegte und ab 2018 zunehmend in die kriminelle Unterwelt verwickelt wurde.
D. leistete regelmäßig Rechtsberatung für Drogenhändler und fungierte als Vermittler zwischen Schmugglern. Einer seiner Kontakte war angeblich der verdeckte Ermittler Aleksandar K.
Gegenüber WDR und NDR wollen sich die deutschen Behörden hierzu nicht äußern. Ob und wie die hessische Polizei den Serben kurz vor seinem Tod einsetzte, ist noch unklar. Die Staatsanwaltschaft Hanau ermittelt wegen Mordes.
Drogenclans von Montenegro
Spanischen Medien zufolge hatten die strafrechtlichen Ermittlungen zunächst Aufschluss über einen seit Jahren tobenden Drogenkrieg zwischen zwei rivalisierenden Familien aus Kotor (Montenegro) gegeben. Es wird vermutet, dass mehrere Attentate in Spanien, auf dem Balkan, in der Türkei, in den Niederlanden und anderen Ländern von diesen Drogenkartellen verübt wurden, die mit äußerster Brutalität um ihre Position auf dem europäischen Drogenmarkt kämpfen. Kokain. Aleksandar K. dürfte Opfer dieser Rivalität geworden sein und vor seinem Tod als Informant der Polizei entlarvt worden sein.
Flüchtling
Mehrere Verdächtige, die Aleksandar K. zunächst gefoltert und dann erschossen haben sollen, wurden durch forensische Tatortuntersuchungen, Fingerabdrücke und Aufnahmen der Überwachungskameras des Senders identifiziert. Die spanischen und deutschen Behörden gehen davon aus, dass mindestens ein Verdächtiger Mitglied eines illegalen Motorradclubs ist. Die Verdächtigen sind auf der Flucht.
Sorge
Der Einsatz von Informanten durch die deutsche Polizei bereitet der Bundesregierung derzeit Sorgen. Nach Wunsch des Bundesjustizministeriums unter Federführung der Bundespolizei soll der Einsatz von angeworbenen und oft bezahlten Informanten gesetzlich durch klare Richtlinien besser geregelt werden. Ein vorläufiger Bericht zu einem neuen Gesetz zur Regelung des Einsatzes von verdeckten Ermittlern und Vertrauenspersonen wurde im Juli an das Bundesinnenministerium übermittelt.
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