In den Zeit-Medien habe ich zum ersten Mal den Vergleich gezogen Schweinchen Schlau lesen. Schweinchen Schlau ist das clevere Schwein, das ein Steinhaus baut und im Gegensatz zu den anderen beiden Schweinen, die lieber Spaß haben als solide Häuser zu bauen, den bösen Wolf abwehren kann.
Ehrlich gesagt kommt mir das wie ein Kompliment vor. In diesen verwirrenden Zeiten mit einem Krieg auf europäischem Boden, einer riesigen Energiekrise, einem Klimawandel, der immer mehr Opfer fordert und in dem alle unsere Gewissheiten erschüttert sind, hätten Sie lieber einen klugen Anführer als einen lustigen. Es war jedoch kein Kompliment.
Scholz wird vorgeworfen a bester wischer (Besserwisser), jemand, der sich lieber auf Fakten als auf Emotionen verlässt, bis hin zum Autismus. Und wenn er lächelt, wird er beschrieben als: kryptisch, rätselhaft, unergründlich. Bei seinen Reden reiht er die Worte ohne zu viel Rhythmus und Betonung aneinander.
Deutsche gehen gerne kreativ mit der Sprache um. In dieser Rubrik beleuchtet die Flamein Inge Jooris die Entdeckungen kreativer Wörter in deutschen Nachrichten. Heute die vielen wenig schmeichelhaften Spitznamen des neuen Bundeskanzlers Scholz.
Während seine Vorgängerin Angela Merkel gerne vorher die Geigen stimmte, spielt Scholz die erste Geige lieber alleine. Beratung ist nicht seine Stärke. Zu sein Zeitenwende-Rede mit der Entscheidung, 100 Milliarden Euro zusätzlich in die Bundeswehr zu investieren, überraschte die meisten Regierungsmitglieder und fast alle Abgeordneten. Die Doppelwumms, die 200 Milliarden Euro, um die Deutschen durch die Energiekrise zu führen, ließen andere europäische Regierungschefs atemlos zurück. Sie hatten diese Entscheidung nicht vorhergesehen; Was würde dies für ihre Wettbewerbsposition und die steigende Inflation bedeuten? Angela Merkel wäre so etwas nie passiert, schien es.
Als der chinesische Staatschef Xi Jinping wiedergewählt wurde, eilte Scholz nach China, um ihm seine Aufwartung zu machen. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, der europäische Interessen am liebsten gemeinsam vertreten hätte, ließ sich verlegen auf den Stufen des Elysée-Palastes zurück. Im Tagesspiegel verraten mehrere Regierungskreise, dass Olaf Scholz weder Brüssel noch die EU-Kommission mag und Frankreich immer noch skeptisch gegenübersteht.
Trotzdem macht sich Scholz gerne und regelmäßig Gedanken über die Zukunft Europas. Er plädiert zum Beispiel für ein europäisches Luftverteidigungssystem, die Sky-Shield-Initiative, und er will mehr europäische Mehrheitsentscheidungen. Allerdings scheint er die europäische Zusammenarbeit nicht in den Vordergrund stellen zu wollen: Deutschlands Interessen stehen an erster Stelle.
In ihrer Analyse eines Jahres Scholz an der Spitze titelt die Tagesschau auf ihrer Website: „Kein Wohlfühlkanzler‚. Für eine tröstende Schulter, ein einfühlsames Nicken, ein Herz unter der Gürtellinie sollte man nicht zu Scholz gehen. Nein danach Mutti Merkel kommt bestimmt nicht Vatis Scholz. Am liebsten versteckt er sich hinter seiner Aktentasche aus Leder (Marke Bree), die er sich vor vierzig Jahren als Rechtsanwaltsanwärter gekauft hat. Die Tasche enthält Zeitungen, Ordner, Lesebrille und immer ein Sachbuch.
Für uns Belgier ist eine Regierung mit nur drei Parteien ein Glücksfall
Bundeskanzler Scholz ist ein Bücherwurm. Bücher prägen seinen Blick auf die Welt, sie helfen ihm, das große Ganze zu sehen. Mit jedem Buch, sagt er im Spiegel, komme eine neue Schicht in sein Weltbild. Außerdem liest er sieben Zeitungen komplett, also nicht nur politische Nachrichten. Wenn morgens die Zusammenfassung der Zeitung aus seiner Pressestelle in seinem Briefkasten landet, weiß er schon, was darin steht.
Die kursierenden unsympathischen Beschreibungen täuschen nicht darüber hinweg, dass Scholz ein Mann der Tat ist. Er Geld der Bürger, der Mindestlohn, die Vollversorgung mit Gas, die Entscheidung, die letzten drei Atomkraftwerke länger offen zu halten, die Fördermaßnahmen, … untätig war er im vergangenen Jahr sicher nicht. Für uns Belgier ist eine Regierung mit nur drei Parteien ein Segen (derzeit gehören sieben Parteien zu unserer Bundesregierung), für die Deutschen ist es Terra incognita und damit eine Umfrage. Scholz hat es bisher trotz teils erbitterter Kämpfe innerhalb seiner Koalition immer wieder geschafft, Fortschritte zu machen.
Doch die jüngste Umfrage ergab, dass nur 26 Prozent der Deutschen mit der Arbeit von Bundeskanzler Scholz zufrieden sind. ‚Kanzler“, titelte die Wochenzeitung Der Spiegel. In dem äußerst interessanten Buch „The Political Brain“ betont Professor Drew Weston die Bedeutung von Emotionen in der Politik. Er argumentiert, dass in der Politik, wenn Vernunft und Emotion aufeinanderprallen, immer die Emotion gewinnt. Vielleicht würde dieses Buch in die schwarze Ledermappe von Bundeskanzler Scholz passen. Ein schlaues Schweinchen, das sich zur Wiederwahl aufmacht, sollte besser lernen, wie man die Herzen der Menschen berührt.
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