Neue kompakte Anbaueinheiten, die Energie und Wasser sparen

Frische Paprika, knackiger Salat und saftige Tomaten: Für deutsche Verbraucher ist das alles eine Selbstverständlichkeit. Die Regale im Supermarkt sind voll davon. Doch die meisten dieser Gemüsesorten kommen von weit her. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes kamen im vergangenen Jahr mehr als ein Viertel aller Obst- und Gemüseimporte aus Spanien; bei Paprika und Salat waren es sogar 50 Prozent. Insgesamt importierte Deutschland rund 1,6 Millionen Tonnen Obst und 1,3 Millionen Tonnen Gemüse von der Iberischen Halbinsel. Dies erforderte Tausende von LKW-Fahrten. Darüber hinaus werden die meisten Obst- und Gemüsesorten in Andalusien angebaut, einer ausgesprochen trockenen Region, in der sich die Wasserknappheit und die damit verbundenen Umweltprobleme in letzter Zeit verschärft haben.

Kultur zum Verbraucher bringen
Vor diesem Hintergrund erscheint es sinnvoll, künftig noch mehr Obst und Gemüse in Deutschland anzubauen, am besten in unmittelbarer Nähe zu städtischen Verbrauchern. Eine Lösung für dieses Problem könnten kompakte, energieeffiziente und wassersparende Anbaueinheiten sein, die eine ganzjährige Ernte ermöglichen würden. „Anstatt tausende Tonnen Gemüse und Obst über Autobahnen zu transportieren, wollen wir Kultur zu den Verbrauchern bringen“, erklärt der Professor. Michael Stelter, stellvertretender Leiter des Fraunhofer-Instituts für Keramische Technologien und Systeme IKTS in Dresden. „Unser Ziel ist es, gemeinsam mit mittelständischen Unternehmen solche kleinen Anlagen an vielen Standorten in Deutschland zu etablieren – wir sprechen hier von Indoor-Farming.“ » Diese kompakten und effizienten Anbaueinheiten könnten beispielsweise auf Hausdächern oder kleineren Freiflächen errichtet und – um Platz zu sparen – sogar mehrere Stockwerke übereinander platziert werden. Wir sprechen von „geschütztem Anbau“ oder „kontrollierter Umweltlandwirtschaft“ (CEA).

Alle Technik aus einer Hand
Das Institut bietet alle notwendigen Technologien aus einer Hand: Wasser- und Nährstoffrecycling, Wärme- und Feuchtigkeitsmanagement, Beleuchtung und Sensorik – um Pflanzen perfekt zu versorgen. „Viele der hierfür notwendigen Komponenten haben wir in den letzten Jahren in unserem Institut entwickelt. Darüber hinaus verfügen wir über die Erkenntnisse aus anderen Projekten im Bereich Energie- und Umwelttechnologien, um die verschiedenen Technologien in ein automatisiertes Gesamtsystem zu integrieren und vollständig zu digitalisieren.“ .“, sagt Michael Stelter. Damit möchte das Institut insbesondere kleinen und mittelständischen Unternehmen den Zugang zu diesem Marktsegment ermöglichen bzw. bereits in diesem Sektor tätige Unternehmen bei der Erweiterung ihres Portfolios unterstützen. Auch bestehende Indoor-Farmen können dabei unterstützt werden, effizienter und wirtschaftlicher zu arbeiten.

Dank IKTS-Technologien können Anbaueinheiten deutlich kleiner ausgelegt werden als die großen Gewächshäuser in Spanien oder den Niederlanden. Der Charme liegt in der sehr kompakten Technik, die auf kleinem Raum untergebracht werden kann. Es beginnt mit dem Erhitzen. Dabei setzt das IKTS-Team auf Zeolithe, spezielle Keramiken, die Feuchtigkeit aufnehmen und abgeben – und gleichzeitig Wärme aus der Umgebung erzeugen oder aufnehmen. Wenn Zeolithe durch Verdunstung gespeichertes Wasser abgeben, nehmen sie Wärme auf. Wenn sie später wieder Feuchtigkeit aufnehmen, geben sie wieder Wärme ab. Der Trick besteht darin, den Luftstrom innerhalb der Geräte so zu lenken, dass Verdunstung und Wasseraufnahme perfekt kontrolliert werden. So kann tagsüber überschüssige Wärme gespeichert und in der kalten Nacht wieder abgegeben werden.

Optimale Beleuchtung und Nährstoffdosierung
Auch bei mehrstöckigen Indoor-Anbausystemen und an langen Wintertagen ist eine zusätzliche Beleuchtung erforderlich. „Wir haben die richtige Lichttechnik und energieeffiziente LEDs“, sagt Nico Domurath, IKTS-Projektleiter. „Wir können das Licht genau auf die Bedürfnisse der Pflanzen abstimmen, indem wir ihnen beispielsweise mehr Photonen zur Verfügung stellen, wenn sie mehr Energie für die Photosynthese benötigen. Darüber hinaus können wir die LEDs so verpacken, dass sie den heißen und feuchten Bedingungen im Gewächshaus lange standhalten. lange Zeit.“

Ein großer Vorteil des Indoor-Anbaus besteht darin, dass Wasser und Nährstoffe zirkulieren können. Bei der Bewässerung im Freien geht ein Großteil des Wassers durch Verdunstung verloren, in geschlossenen Systemen jedoch nicht. Die Pflanzen werden mit einer speziellen Lösung gefüttert. Überschüssige Nährlösung wird aufgefangen und mit Keramikmembranen behandelt. Sensoren überwachen den Restnährstoffgehalt. Das bedeutet, dass nur geringe Mengen neuer Nährstoffe hinzugefügt werden müssen, bevor die Lösung wieder in die Pflanzen gelangt.

Nutzen Sie Biomasse und Abwärme aus der Region
Der Vor-Ort-Anbau von Obst und Gemüse in kleinen Indoor-Anlagen hat zudem den Vorteil, dass die Biomasse der Umgebung als Nährstoff genutzt werden kann. Beispielsweise wurden am Fraunhofer IKTS Technologien entwickelt, um Gärreste aus Biogasanlagen in hochwertige Pflanzennährstoffe umzuwandeln. Regionalität hat sogar noch einen weiteren Vorteil: Anlagen können gezielt dort gebaut werden, wo Synergien entstehen – zum Beispiel in der Nähe von Gewerbebetrieben, die viel Abwärme produzieren. Dadurch wäre eine umweltfreundliche Deckung des Heizbedarfs im Winter möglich. In Städten könnten große Rechenzentren und Serverfarmen in Betracht gezogen werden, die viel Wärme produzieren.

Wie sich die gesamte Technologie auf kleinem Raum integrieren lässt, demonstriert das Team von Nico Domurath derzeit mit verschiedenen kleinteiligen Indoor-Farming-Systemen. „Wir können dieses Projekt problemlos großflächig ausbauen – ganz nach den Bedürfnissen zukünftiger Interessenten“, sagt er. „Außerdem erstellen wir eine umfassende Kosten- und Nutzungsanalyse. Wir ermitteln, welcher Standort am besten geeignet ist und welche Technologien die größten positiven Effekte erzielen können“, ergänzt Michael Stelter. „Damit wollen wir den Weg für eine großflächige Anwendung der Indoor-Landwirtschaft in Deutschland ebnen.“

Für mehr Informationen:
https://www.ikts.fraunhofer.de

Helfried Beck

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