Als Wolfgang Schäuble als deutscher Finanzminister zurücktrat, organisierten seine Kollegen eine wunderschöne Abschiedszeremonie. In dunklen Outfits stellten sie sich in einem großen Kreis im Hof auf. Sie bildeten so eine menschliche „Schwarze Null“. Schäubles Mandat wird immer mit diesem Mandat verbunden sein. Die schwarze Null symbolisierte ausgeglichene Haushalte und war das Herzstück der Finanzpolitik Schäubles. Mit Schäubles Tod, den seine Familie am Mittwochmorgen bekannt gab, verabschiedet sich Europa von einem Mann, der Deutschland und Europa maßgeblich geprägt hat, dessen Ideen aber nicht gerade unumstritten sind.
Schäuble ist ein Denkmal deutscher Politik. Seine politische Karriere dauerte mehr als ein halbes Jahrhundert. Er wurde erstmals 1972 gewählt und blieb bis zu seinem Tod Abgeordneter. Der Politiker, der nach einem Anschlag im Jahr 1990 im Rollstuhl saß, symbolisierte die strenge Haushaltspolitik Deutschlands. Er hat es nicht nur in seinem eigenen Land angewendet. Als Griechenland im Jahr 2010 aufgrund eines außer Kontrolle geratenen Haushaltsdefizits große finanzielle Probleme hatte, bestand Deutschland mit Schäuble als Finanzchef darauf, dass die Griechen ihre inneren Angelegenheiten in Ordnung bringen. Die sukzessiven Hilfspakete und Umschuldungen erfolgten erst, nachdem Athen versprochen hatte, eine strikte Sparpolitik zur Reduzierung seiner Defizite umzusetzen. Infolgedessen erlebte die griechische Wirtschaft einen Rückgang von bis zu 25 Prozent.
Merkels treuer Leutnant
Die von Schäuble vertretene harte Linie war Teil der deutschen Tradition einer starken Währung. Die Deutschen waren nur dann bereit, ihre Deutsche Mark in den Euro umzutauschen, wenn diese gemeinsame Währung ebenso stark wäre. Der Kampf gegen die Inflation hatte Priorität und Schäuble war ein hervorragender Unterstützer dieser Schule. Ihm zufolge seien die harten Anforderungen an die Griechen notwendig, um die Glaubwürdigkeit des Euro zu wahren. Seine strenge und phlegmatische Persönlichkeit trug nicht zu seiner Popularität bei den Griechen bei. Während der Eurokrise stellte er sich gegen seinen extravaganten griechischen Amtskollegen Yanis Varoufakis, der ganz andere Rezepte zur Bekämpfung der Griechenlandkrise im Sinn hatte. Seiner Meinung nach sollte der Rest Europas die Schulden Griechenlands weitgehend erlassen.
Schäuble war durch und durch Christdemokrat. Während seiner langen Karriere war er Vorsitzender der CDU-Bundestagsfraktion und hatte auch den Parteivorsitz inne. Nach einem ersten Ministermandat unter Helmut Kohl war er von 2005 bis 2017 der treue Stellvertreter von CDU-Kanzlerin Angela Merkel, zunächst als Innenminister, dann als Finanzminister. Nach der Ära Merkel war er mehrere Jahre lang Sprecher des Deutschen Bundestages. Er trat 2021 vom Richteramt zurück, blieb aber Abgeordneter.
Konsequenter und ehrlicher Politiker
Schäuble ist der führende Vertreter einer Generation, deren Ideen heute in Frage gestellt werden. Die strenge Haushaltsdoktrin, an der Schäuble festhielt, war der Garant für gesunde deutsche Staatsfinanzen und schien lange Zeit ein Vorbild für Europa zu sein. Das Gesagte Schuldenbremse Die Schuldenbremse, ein Verfassungspfeiler der orthodoxen Finanzpolitik, wurde von der ersten Merkel-Regierung eingeführt. Schäuble war Innenminister. Die sparsame Politik führte dazu, dass die Deutschen wenig in Infrastruktur und Technologie investierten. Dieser Rückstand hat die Wirtschaft gebremst. DER Schuldenbremse Dieses Jahr explodierte sogar vor der deutschen Regierung, als das Verfassungsgericht in Karlsruhe geplante Ausgaben in Höhe von 60 Milliarden Euro für rechtswidrig erklärte.
Schäuble wird von vielen als konsequenter und ehrlicher Politiker gefeiert. „Ein großer Staatsmann und lieber Freund“, schrieb der Europaabgeordnete Johan Van Overtveldt (N-VA) auf X. Der niederländische Finanzgeograph Ewald Engelen äußerte sich in seiner Antwort weniger lobend. „Nichts als Gutes an den Toten“, schrieb er. „Aber Schäuble war auch der Schlächter Griechenlands.“ Bundeskanzler Olaf Scholz erinnerte daran, dass Schäuble seinem Land mehr als ein halbes Jahrhundert lang gedient habe. „Mit ihm verliert Deutschland einen scharfen Denker, einen leidenschaftlichen Politiker und einen kämpferischen Demokraten.“
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