Hitze ist zu einem der größten Feinde Europas geworden. In der neuen Serie „Europa grappling with the heat“ untersucht IDE, wie sich Städte dagegen wappnen (können). Heute: die Innovationskraft von Unternehmern.
Extreme Hitze war in den letzten Wochen an der Tagesordnung. Vor allem in dicht besiedelten Gebieten kann die Temperatur deutlich ansteigen. Um das Leben und Arbeiten erträglich zu halten, laufen Klimaanlagen oft auf Hochtouren. Dies ist jedoch keine strukturelle Lösung. Mehr Grün ist eine relativ einfache und effektive Lösung gegen extreme Hitze. Bäume und Pflanzen sorgen für einen langsameren Temperaturanstieg, schaffen natürlichen Schatten, speichern Wasser, sorgen für mehr Artenvielfalt und steigern die Lebensqualität in der Stadt. Aber wie können wir grüner werden? Die Unternehmer Alexander Ilsink, Direktor und Miteigentümer von Mobilane, und Corné van Garderen, Eigentümer der Sempergreen Group, wissen, was zu tun ist.
Unternehmertum in der Welt der Pflanzen wurde ihnen mit dem Löffel aufgezwungen. Van Garderen stammt aus einer Produzentenfamilie. Sein Vater brachte ihn im Alter von achtzehn Jahren auf die Idee, ein neues Unternehmen rund um Gründächer zu gründen. Heute, 27 Jahre später, ist es soweit Sempergreen-Gruppe ein internationales Unternehmen, das verschiedene grüne Lösungen anbietet.
Auch Ilsink ist im Grünen aufgewachsen. Sein Großvater war Dendrologe und auf Strauchinnovation spezialisiert. Er gründet die Baumschule Dartuizer und entwickelt neue Sträucher, die hauptsächlich für den öffentlichen Raum bestimmt sind. Sein Sohn – Ilsinks Vater – baute das Geschäft mit mehreren grünen Unternehmen weiter aus. Mobilane Ist einer von ihnen. Das Unternehmen ist mit dem gewachsen fertige Hecke und auf Gründächer und Grünfassaden ausgeweitet.
Frische Luft und trockene Füße
Sowohl Van Garderen als auch Ilsink konzentrieren sich seit Jahren auf die Ökologisierung der gebauten Umwelt. Sie stellen fest, dass Gründächer immer häufiger genutzt werden. Bei einem Gründach wird eine Pflanzenschicht über der Dacheindeckung platziert. Dabei handelt es sich häufig um Fetthennen, ggf. in Kombination mit Wildblumen. Die Art und Weise, wie die Begrünung auf dem Dach befestigt wird, unterscheidet sich je nach Dachtyp und Anbieter. Fetthennepflanzen können wie ein Grasteppich auf einem Dach ausgerollt werden. Darunter befindet sich unter anderem eine Schicht Substrat. Sedum-Pflanzen können auch – oft zusammen mit dem Substrat – in auf dem Dach befestigten Schalen platziert werden.
Im Straßenbild sind bereits verschiedene Formen von Gründächern zu finden, während Fassadenbegrünungen weiterhin auf dem Vormarsch sind. Bei einer begrünten Fassade werden an der Außenseite einer Wand Paneele angebracht, außerdem ein Bewässerungssystem zur Bewässerung der Pflanzen. Je nach Umgebung und Standort eines Gebäudes können hier unterschiedliche Pflanzen zum Einsatz kommen.
„Wenn wir uns die Hitze ansehen, macht es auf einer Straße nur einen Unterschied von etwa fünf Grad, wenn es mehr Grün gibt“, sagt Van Garderen. Das betrifft die Temperatur auf der Straße, aber auch drinnen ist es mit einem Gründach angenehmer. Auch Ilsink sieht klare Vorteile für mehr Grün. „Neben der Kühlung dient es auch als Wasserspeicher. Nach einem starken Regenguss hält die Grünanlage den Regen eine Zeit lang zurück, sodass er langsamer abfließt. Dadurch wird die Spitzenbelastung des Wasserabflusses reduziert und Überschwemmungen verhindert.“
Warten
Warum sehen wir also nicht schon jetzt massenhaft Gründächer und Grünfassaden auf den Straßen? „Natürlich spielt der Preis eine Rolle. Gerade am Anfang war das für viele ein wichtiger Punkt. „Wir sehen jetzt, dass der Nutzen zunehmend die (zusätzlichen) Kosten überwiegt“, sagt Ilsink. Van Garderen schätzt die Mehrkosten für ein Gründach auf einem durchschnittlichen Reihenhaus im Vergleich zu herkömmlichen Dachziegeln auf zwischen dreitausend und viertausend Euro. Unternehmer beobachten, dass die Nachfrage nach Gründächern und Grünfassaden in den letzten Jahren stark gestiegen ist, die Menschen seien jedoch noch zögerlich. Ilsink: „Besonders Einzelpersonen machen sich Sorgen über Themen wie Systemwartung und Spätfolgen.“
Van Garderen fügt hinzu: „Wir haben es mit dem bekannten Schaf zu tun, das den Damm überqueren muss. Deshalb ist es wichtig, dass diesem Thema große Aufmerksamkeit geschenkt wird und dass Organisationen wie Kommunen und Wohnungsunternehmen die Initiative ergreifen. Ilsink beispielsweise sieht in staatlichen Zuschüssen einen guten Anreiz, Menschen zu helfen und zu motivieren, umweltfreundlicher zu werden. „Es gibt bereits Kommunen, die dies tun, aber es könnte in größerem Umfang durchgeführt werden.
Große Unternehmen können auch für andere ein Vorbild sein. Das Anbringen von Gründächern und Grünfassaden an großen Gewerbegebäuden und Vertriebszentren hat erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt. Ilsink: „Dieses Jahr haben wir das DNA-Insektenscan Speer; eine neue und innovative Methode zur Messung der Wirksamkeit grüner Fassaden und Dächer auf die Artenvielfalt. Mit diesem Scan können wir sehen, welche Insekten sich kürzlich in der Nähe einer grünen Fassade aufgehalten haben. Damit machen wir den Beitrag zur Biodiversität messbar und können ihn in verständlichen Daten darstellen. Das ist interessant für Unternehmen und Eigentümer, aber natürlich auch für die Nutzer eines Gebäudes. Die Proben werden transparent und unabhängig analysiert, sodass die gewonnenen Daten in Geschäftsberichten und Nachhaltigkeitsberichten verwendet werden können. Darüber hinaus kann InsectScan DNA für grüne Fassaden einen wertvollen Beitrag zu Nachhaltigkeitszertifikaten leisten.
Unterschiedliche Motivationen, gleiches Ziel
Aus internationaler Sicht ist Nordwesteuropa Vorreiter bei der Begrünung der gebauten Umwelt. „Jede Stadt oder Umgebung hat ihre eigene Motivation für die Begrünung. In den Niederlanden, beispielsweise rund um die Unterstadt Rotterdam, liegt der Schwerpunkt auf der Wasserspeicherung und -entsorgung. Während in Paris der Artenvielfalt viel mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird. In allen Städten außer Skandinavien kommt es darauf an, den Hitzestress zu reduzieren“, sagt Van Garderen.
Er sagt, dass mehrere deutsche Städte – darunter auch Frankfurt – von Unternehmen verlangen, neue Geschäftsräume (teilweise) mit einem Gründach auszustatten. „Irgendwann ist die Begrünung Ihres Gebäudes genauso sinnvoll wie der Einbau von Türen.“ Es sei wichtig, weiterhin die Bedürfnisse verschiedener Städte im Auge zu behalten, fügt Ilsink hinzu. „Das Klima spielt offensichtlich eine wichtige Rolle bei der Wahl des Grüns. Und manchmal bringt das große Herausforderungen mit sich. In New York beispielsweise ist es im Winter sehr kalt und im Sommer sehr heiß. Daher ist es schwierig, die Pflanzen in einer Fassadenbegrünung am Leben zu erhalten. Aber es gibt Möglichkeiten, zum Beispiel durch smarte Lösungen im System, die richtigen Fabriken und ggf. Alternativen.
Asphaltersatz
Die Nachfrage nach grünen Lösungen wächst sowohl bei der Sempergreen Group als auch bei Mobilane stark. Van Garderen entwickelt und implementiert beispielsweise ein grüner Ersatz für Asphalt. „In Polen haben wir den Asphalt auf den Straßenbahngleisen durch Grün ersetzt. Auch in vielen anderen europäischen Städten wäre es ein guter Ersatz für Asphalt, der sich schnell aufheizt und lange heiß bleibt. Eine solche Lösung könnte auch auf Parkplätzen funktionieren.
Darüber hinaus entwickelt Ilsink weiterhin innovative grüne Systeme und demonstriert deren positive Wirkung. „Grün ist für eine klimasichere Zukunft unerlässlich. Das ist uns als Familienunternehmen sehr wichtig. Nur wenn wir beim Bauen und Leben einen starken Fokus auf die Integration der Natur legen, können wir dazu beitragen, wertvolle Aspekte des natürlichen Ökosystems wiederherzustellen. Der Erhalt bestehender Naturräume reicht nicht mehr aus; Wir müssen uns bemühen, mehr Natur zu schaffen. Städtische Räume bieten hierfür neue Chancen und Möglichkeiten.
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