Die französische Regierung nutzte am Montag den Beginn des sogenannten Salon du Bourget, der großen alle zwei Jahre stattfindenden Luftfahrtmesse in der Nähe von Paris, um auf die sogenannte „europäische Souveränität“ bei der Raketenabwehr zu drängen. Der Grund dafür ist die wachsende russische Raketenbedrohung, die durch die anhaltenden russischen Raketenangriffe auf die Ukraine schmerzlich veranschaulicht wird. Die Franzosen sind verärgert über einen von Deutschland koordinierten Plan zum gemeinsamen Aufbau einer Raketenabwehr. Laut Paris wird Berlin zu abhängig von amerikanischer und israelischer Technologie.
Frankreich verkauft lieber eigene Flugabwehrraketen und will mit anderen europäischen Ländern eigene neue Raketenabwehrsysteme entwickeln. Zu Beginn der Flugschau führten die Franzosen zu diesem Thema Beratungen mit europäischen Verteidigungsministern, darunter auch dem deutschen Minister Boris Pistorius. „Wenn ich sehe, dass bestimmte Länder ihre Verteidigungsausgaben erhöhen und außereuropäische Systeme von ihnen kaufen, sage ich ihnen einfach: Ihr schafft die Probleme von morgen!“ Das sagte der französische Präsident Emmanuel Macron kürzlich in einer Rede.
Löcher in der europäischen Luftverteidigung
Die europäischen Länder verließen sich auf die Luftüberlegenheit des Westens und vernachlässigten jahrelang ihre Luftverteidigung. Sie bevorzugten Kampfflugzeuge gegenüber Flugabwehrraketen. Dadurch bestehen große Lücken in der europäischen Luftverteidigung. Doch die russischen Bombenanschläge in der Ukraine haben die europäischen Regierungen erschüttert. Zugegebenermaßen sind einige osteuropäische Länder und die baltischen Staaten ziemlich nervös. „Wir haben großen Nachholbedarf“, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz im August.
Deshalb hat Deutschland im vergangenen Herbst die sogenannte Sky-Shield-Initiative ins Leben gerufen, an der sich siebzehn Länder beteiligen. Zu den Teilnehmern zählen Finnland, Schweden, die baltischen Staaten, eine Reihe osteuropäischer Länder und das Vereinigte Königreich. Auch die Niederlande beteiligen sich. Die Idee besteht darin, die Luftverteidigung schnell und pragmatisch durch den Kauf vorhandener, gut funktionierender Systeme zu stärken. Die Entwicklung neuer Systeme würde zu lange dauern und könnte sehr teuer werden. Durch die Zusammenarbeit erhoffen sich die Teilnehmer auch eine stärkere Präsenz in Kaufverhandlungen.
israelische Raketen
Deutschland hat gerade angekündigt, Mittelstreckenraketen vom Typ Iris-T vom deutschen Konzern Diehl zu kaufen. Für die große Reichweite kaufen die Deutschen amerikanische Patriot-Raketen. Und für die sehr große Reichweite entscheiden sie sich für die israelischen Arrow-3-Raketen. Mit diesen israelischen Projektilen können bei Bedarf ballistische Raketen im Weltraum abgefangen werden. Auch Satelliten können damit ausgeschaltet werden. Letzte Woche stimmte der Bundestag den Ausgaben von 900 Millionen Euro für sechs Iris-T-Systeme und einer Vorauszahlung von 560 Millionen Euro für die Arrows zu, die insgesamt 4,3 Milliarden Euro kosten werden.
Die Pläne sorgen in Paris für großen Unmut. Die Franzosen erinnern daran, dass die französisch-italienischen Flugabwehrraketen vom Typ Mamba etwa die gleiche Reichweite wie die amerikanischen Patriots haben und auch im NATO-Kontext eingesetzt werden. Sie denken, Deutschland sollte Mambas kaufen, um Europa unabhängiger von den Vereinigten Staaten zu machen.
Als Reaktion darauf betont Bundesminister Pistorius, dass die Tür für den Beitritt Frankreichs zu Sky Shield offen steht und dass das Projekt von der NATO unterstützt wird: „Alles, was gekauft wird, kann in die bestehende Struktur integriert werden.“
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