Lambrecht (57, SPD) hat am Montagmorgen Bundeskanzler Olaf Scholz gebeten, sie von ihrem Amt als Verteidigungsministerin zu entbinden. In einer kurzen Stellungnahme kritisierte Lambrecht „die Monate, in denen mich die Medien im Fokus hatten“.
In den letzten Wochen stand Lambrecht unter Beschuss, und das war nicht das erste Mal. Ihr werden Inkompetenz, Desinteresse und Taubheit vorgeworfen.
In einem von Feuerwerk umgebenen Neujahrspost auf Instagram sprach Lambrecht fast unverständlich darüber, was das vergangene Jahr als Verteidigungsministerin für sie bedeutet hatte. Der Krieg in der Ukraine habe ihm die Gelegenheit gegeben, viele „interessante und nette Menschen“ kennenzulernen, sagte der Minister. Deutsche Medien und Meinungsmacher warfen ihm daraufhin Vorwürfe vor, die von „unangemessen“ bis „katastrophal“ reichten.
Umstrittener Helikopterflug
Im April letzten Jahres geriet Lambrecht zudem heftig in die Kritik, nachdem er seinen erwachsenen Sohn kurz vor Ostern mit einem Militärhubschrauber zu einem Arbeitsbesuch mitgenommen hatte. Das war praktisch, da die Familie später einen Urlaub in der gleichen Gegend geplant hatte. Lambrecht verteidigte sich später damit, dass sie Wert auf eine gute Beziehung zu ihrem Sohn lege. Sie versprach, den Helikopterflug selbst zu bezahlen.
Die Wochenzeitung erschien einen Monat später Der Spiegel basierend auf Verteidigungsquellen mit einem außergewöhnlich heftigen Angriff auf Lambrecht. Der Bendlerblock, das Verteidigungshauptquartier in Berlin, ist eine berüchtigte Schlangengrube, aus der sich viele Minister vorzeitig zurückgezogen haben. Aber dieses Mal war es sehr extrem.
Entsprechend Der Spiegel Lambrecht hat die Briefings hochrangiger Militärbeamter, die jeder neue Minister normalerweise erhält, um das Ministerium zu verstehen, abgesagt oder verschoben. Berichten zufolge traf sie die Chefs verschiedener Militäreinheiten zu spät, kannte deren Namen nicht und konnte die Dienstgrade nicht anhand der Abzeichen unterscheiden.
Böse Zungen flüsterten Der Spiegel obwohl Lambrecht, immer tadellos gekleidet und frisiert, einen Telefontermin mit ihrer britischen Amtskollegin vereinbart hatte, weil sie einen Haarschnitt wollte.
Am Tag danach Der SpiegelIn einem Artikel donnerte CDU-Chef Friedrich Merz, die derzeit größte Oppositionspartei, Scholz im Bundestag an: „Herr Scholz, lösen Sie sich so schnell wie möglich von diesem Minister.“ Dies werden Sie in den kommenden Wochen oder Monaten tun. Also mach es bald.»
Undankbare Aufgabe
Lambrecht hatte eine undankbare Aufgabe. Die Bundeswehr leidet seit vielen Jahren unter einer dramatischen Unterfinanzierung. Militärangehörige beschweren sich über alles, von fehlender Ausrüstung bis hin zu kaputten Fahrzeugen. Allein um die Munitions- und Ausrüstungsvorräte auf das von der NATO geforderte Minimum aufzufüllen, das für 30 Kampftage ausreicht, werden fast 20 Milliarden Euro benötigt.
Die Entwicklung verschiedener neuer hochmoderner Waffensysteme hat zu jahrelangen Verzögerungen und Budgetüberschreitungen in Milliardenhöhe geführt. Reformversuche scheitern ausnahmslos angesichts einer alptraumhaften Militärbürokratie.
Dies werde nun ein entscheidendes Ende finden, entschied Bundeskanzler Olaf Scholz kurz nach dem russischen Angriff auf die Ukraine im Februar letzten Jahres. In seinem mittlerweile berühmten ZeittrendIn seiner Rede versprach er, 100 Milliarden Euro in eine umfassende Reform der Bundeswehr zu investieren. Nichts weniger als „eine strategische Revolution“, urteilte damals die ARD.
Die Aufgabe des Verteidigungsministers besteht darin, diese „Revolution“ in einem Ministerium mit 265.000 Mann (darunter 180.000 Militärangehörige) in die richtige Richtung zu lenken. Doch seit Lambrechts Amtsantritt reiht sich eine schlechte Nachricht nach die andere. Die versprochene Unterstützung für die Ukraine ließ lange auf sich warten und führte im vergangenen Jahr zu einer regelrechten Twitter-Hohnkampagne des damaligen ukrainischen Botschafters in Berlin.
Gebrochen
Letzten Monat wurde dies erneut über bekannt gegeben Der Spiegeldass während einer Trainingsübung alle achtzehn teilnehmenden Schützenpanzer der Marke Puma vor ihrer Fertigstellung zerstört wurden. Die Entwicklung des Puma, der Spitze der deutschen Militärtechnik, dauerte Jahrzehnte. Das Training sollte zur Vorbereitung auf die deutsche Führung des NATO-Blitzkriegs in Osteuropa in diesem Jahr dienen.
Lambrechts Nachfolger wird voraussichtlich am Dienstag bekannt gegeben. Die Namen von SPD-Chef Lars Klingbeil (44) und Olaf Scholz‘ engstem Kollegen Wolfgang Schmidt (52) kursieren, höchstwahrscheinlich handelt es sich jedoch um eine Frau. Die SPD-Politikerin Eva Högl (54) gilt als sehr kompetente und seriöse Kandidatin.
Seit 2020 ist sie die Bundestagsbeauftragter of Defense, eine Art Ombudsmann für die Streitkräfte. Högl kennt die Abwehr von innen und würde dort respektiert werden.
Vor diesem Hintergrund wird Scholz wahrscheinlich diese Woche entscheiden, ob Deutschland moderne Leopard-2-Panzer an die Ukraine liefern wird, ein sehnlicher Wunsch dieses Landes. Am Freitag treffen sich Verteidigungsminister der NATO und der Ukrainischen Verteidigungskontaktgruppe auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein in Westdeutschland, um das Thema zu besprechen.
Interessantes Detail: Der Waffenhersteller Rheinmetall, der sich gerne in die politische Debatte über Verteidigungsausgaben einbringt, gab letzte Woche bekannt, dass die in seinem Besitz befindlichen Leopard-2-Panzer komplett überholt werden und erst in einem Jahr einsatzbereit sein werden. Dafür seien „Hunderte Millionen“ nötig, sagte Rheinmetall-Chef Armin Pappenberger.
Die Bundeswehr selbst verfügt über mindestens dreihundert einsatzbereite Leopard-2-Panzer, doch die Militärkommandanten sind sehr besorgt über die Auswirkungen der Unterstützung der Ukraine auf die ohnehin schwachen deutschen Streitkräfte.
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