Der Staatsbesuch des französischen Präsidenten Emmanuel Macron in den Niederlanden am Dienstag und Mittwoch steht unter einem selten günstigen Stern. Denn die diplomatischen Beziehungen zwischen den Niederlanden und Frankreich sind seit Jahren nicht mehr so gut. Dies liegt zum Teil an der positiven Chemie zwischen Macron und Premierminister Mark Rutte, aber die sich entwickelnden geopolitischen Beziehungen spielen eine ebenso wichtige Rolle.
Traditionell haben Frankreich und die Niederlande bei vielen Themen eine etwas andere Sichtweise. Beispielsweise geht es französischen Präsidenten oft in erster Linie um die ehrgeizig von ihrem Land erholen. Wenn französische Politiker von „Europa“ sprechen, meinen sie eigentlich Frankreich, das ist ein alter Witz unter holländischen Diplomaten. Die Pariser interessieren sich nicht immer für ein relativ kleines Land wie die Niederlande. Frankreich hat auch eine protektionistische Wirtschaftstradition mit einer relativ großen Rolle des Staates und hohen öffentlichen Ausgaben.
„Frankreich ist ein schönes Land, schade, dass dort Franzosen leben“
Während die Niederlande liberalere, finanziell konservativere, wirtschaftlich aggressivere Instinkte gegen Deutschland haben. Aus Sicherheitsgründen wenden sich die Niederlande seit dem Zweiten Weltkrieg bevorzugt an Großbritannien und Amerika. Bei Paris gab es jahrelang vor allem Ärger über die holländische liberale Drogenpolitik. „Frankreich ist ein schönes Land, es ist eine Schande, dass Franzosen dort leben“, sagte Annemarie Jorritsma, damals Ministerin für Verkehr, öffentliche Arbeiten und Wasser, 1996.
Doch die Beziehungen in Europa haben sich in den letzten Jahren verändert. Der Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union hat London an den Rand gedrängt. Die deutsch-französische Achse gerät ins Wanken, in Amerika hat der ehemalige Präsident Donald Trump für politische Turbulenzen gesorgt, und der russische Einmarsch in die Ukraine zeigt, dass Moskaus Landraub eine ernsthafte Bedrohung darstellt.
Das erzeugt Druck, zu neuen Kooperationen zu kommen. Dabei hilft, dass Frankreich unter Macron, der sein Amt 2017 angetreten hat, offener und liberaler geworden ist. Der französische Präsident ist auch ein starker Befürworter der EU. Macron ist überzeugt, dass die europäischen Länder ihre Kräfte bündeln müssen, um neben China und den Vereinigten Staaten eine dritte Säule der Macht in der Welt zu bilden.
Europäische strategische Autonomie
So geht es bei dem Staatsbesuch – neben allem Pomp und Pomp – unter anderem um die „europäische strategische Autonomie“, die die EU unabhängiger und sicherer machen soll. So wird Macron am Mittwoch die naturwissenschaftliche Fakultät der Universität Amsterdam besuchen, wo unter anderem die für die Chipentwicklung wichtige Halbleiterindustrie und die Quantentechnologie im Mittelpunkt stehen werden. Mit Quantentechnologie lassen sich superschnelle Computer bauen. In diesen strategischen Bereichen, die auch im Bereich der Verteidigung immer wichtiger werden, wollen Paris und Den Haag enger zusammenarbeiten.
Da es sich um einen Staatsbesuch handelt, handelt es sich offiziell um einen Besuch bei König Willem-Alexander. In Begleitung von Königin Máxima empfing der König Macron und seine Frau Brigitte am Dienstag auf dem Dam-Platz in Amsterdam. Es gab eine Inspektion der Ehrengarde und ein Schiff der französischen Marine, das auf dem IJ Salutschüsse abfeuerte, die mit Salutschüssen aus dem Marinebereich beantwortet wurden.
Aber Macron hat auch ein großes Team von Ministern bei sich, und am Mittwoch werden sich die Minister persönlich mit ihren niederländischen Amtskollegen beraten. Und Rutte und Macron selbst haben einen Mittwoch Angesicht zu Angesicht auf einer Grachtenrundfahrt in Amsterdam.
Dass die französisch-niederländischen Beziehungen derzeit so gut sind, liegt zum Teil an der persönlichen Verbundenheit der beiden Staatschefs. Denn beide sind pragmatische, lösungsorientierte Liberale, die vieles ähnlich denken. Als Macron Rutte Anfang dieses Jahres einen Arbeitsbesuch abstattete, gingen sie zusammen zu einem Reistisch in ein indonesisches Restaurant in der Nähe des Binnenhofs. Anschließend lobte Rutte die Zusammenarbeit mit seinem französischen Seelenverwandten: „Diese Verbindung ist wegen des Krieges in der Ukraine sehr wichtig, ich würde sogar sagen, unerlässlich.“
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