In der Reihe „Internationale Stimmen – Gegen Ausbeutung, Unterdrückung und Krieg“ fand eine Tagung im Sozial- und Kulturzentrum „Buntes Haus“ in Celle statt. Muhje Söllner sprach über Frauen in der palästinensischen Gesellschaft.
Muhje Söllner hielt einen Vortrag, der über die Situation der palästinensischen Gesellschaft anhand der Situation der Frauen berichtete. Der Arbeitskreis Internationalismus in Celle, der mit der Veranstaltungsreihe die Lebenswirklichkeiten vieler Celler thematisiert, hatte sie aufgefordert, gegenseitiges Verständnis und eine gemeinsame Vision für ein gleichberechtigtes Leben zu entwickeln.
Söllner selbst ist in Jerusalem geboren und aufgewachsen. Sie zog als junge Erwachsene nach Deutschland und bleibt den Menschen und der Realität ihres Heimatlandes verbunden. Sie begann ihre Geschichte mit der Aussage, dass 1904 in Palästina eine Frauenbewegung zu wachsen begann. Zu dieser Zeit sahen vor allem gebildete Frauen aus wohlhabenden Familien die Not der armen Frauen und begannen sich gegenseitig mit Nähunterricht und Spendenaktionen zu unterstützen. Es wurden auch Zentren geschaffen, in denen Frauen Bildung und kleine Jobs erhielten.
Die Unabhängigkeit der Frau hatte damals keine gesellschaftliche Akzeptanz
Da die Selbständigkeit der Frau damals von der Gesellschaft nicht akzeptiert wurde, halfen Frauen auch jungen Männern bei der Arbeitssuche und erleichterten so die Situation der Frauen. Im Allgemeinen waren Frauen für Sozialhilfe und Gemeinschaftsunterstützung versichert, die der Staat nicht leisten konnte.
Zusammen mit den politischen Entwicklungen mit der Teilung Palästinas und schließlich dem Krieg 1967 wurde die Schulpflicht eingeführt und eine neue Generation von Frauen geschaffen, von denen viele die Universität besuchten. Diese neue Generation hat ihre Rolle und ihre Position besser verstanden und ihren Wunsch, sich politisch zu organisieren, deutlich zum Ausdruck gebracht. Und so begannen sich die Frauen politisch zu bilden und ihre Situation zu verbessern. Diese Entwicklung spiegelt sich auch im durchschnittlichen Heiratsalter der Frauen wider, das damals auf 23 Jahre anstieg.
Der Konflikt mit dem israelischen Staat eskalierte jedoch weiter. Unter Verletzung des Völkerrechts wurden israelische Gebiete erweitert und palästinensische Gebiete im Westjordanland umzingelt. Dieser Druck führte 1987 zur ersten Intifada – einem großen Aufstand gegen die Besatzung. Damals kam die Befreiung Palästinas vor der Frauenbefreiung, und die Situation wurde immer schlimmer. Dies spiegelt sich auch im Heiratsalter wider, das damals auf 16 Jahre sank. Es hat auch einen Hintergrund extremer Armut, was dazu geführt hat, dass Eltern ihre Töchter lieber heiraten, als sie ernähren zu müssen.
„Land, Haus oder Geld kann man sich nehmen – aber keine Bildung“
Dennoch war der Bildungshunger besonders unter Frauen in der palästinensischen Gesellschaft groß. Söllner teilte diesbezüglich auch ein Zitat seines Vaters mit: „Land, Haus oder Geld kann man einem wegnehmen – aber keine Bildung“. Doch viele gebildete Menschen wanderten damals aus Palästina aus, weil es in der Region keine Jobperspektiven gab.
Noch heute ist die Situation der Frauen in Palästina schlecht, da 47 % der Bevölkerung arbeitslos und auf Hilfe angewiesen sind. Das Heiratsalter ist sehr niedrig und die Bewegungsfreiheit eingeschränkt.
Söllner wies auch auf Radikalisierung auf allen Seiten als großes Problem hin, da rechtsextreme Stimmen im israelischen Staat und in der palästinensischen Gesellschaft überwiegen, die Antwort in der Religion gesucht werde. Beide Gesellschaften brachen unter der langen Zeit des Konflikts und des Krieges zusammen. Dialogbereitschaft ist kaum vorhanden und viele Menschen wandern aus, weil den Regierungen misstraut wird. Deshalb halte sie die derzeitige Friedenshoffnung für sehr gering, so die Sprecherin.
Parallelen zur Unterdrückung in Kurdistan
Während des Vortrags wies Söllner darauf hin, dass Kritik an Palästina und Israel nicht auf einer Ebene gesehen werden könne, da es ein riesiges Machtgefälle gebe. Die israelische Macht ist um ein Vielfaches größer als die palästinensische Macht. Und dabei ist die Rolle der Frau noch schwieriger. Noch heute sitzen viele rebellische Frauen in israelischen Gefängnissen, weil sie sich der Unterdrückung widersetzen.
Abschließend ging Muhje Söllner auch auf die Rolle der BRD ein, die sich hinter der Argumentation der deutschen Faschismusgeschichte jeglicher Kritik am Vorgehen des israelischen Staates enthielt. Als die Öffentlichkeit nach Asylmöglichkeiten für Palästinenser in Deutschland fragte, wurde erneut deutlich gemacht, dass es keine Möglichkeit gebe, Asyl zu erhalten, obwohl die Lebenssituation in Palästina alles andere als frei und friedlich sei.
Eine Aktivistin der kurdischen Frauenbewegung betonte die Ähnlichkeiten mit der Unterdrückung in Kurdistan und die Notwendigkeit einer selbstbewussten Frauenorganisation, die die realistische Aussicht auf ein befreites Leben für alle erlebbar macht.
Titelfoto: Tina Dainert
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