Nach der Bundestagswahl im September geht die Ära Angela Merkels als Kanzlerin nach 16 Jahren zu Ende, und wer ihr nachfolgt, ist alles andere als sicher. In Merkels eigener CDU/CSU fanden am Montagabend Krisengespräche über den entfachten internen Machtkampf statt, während sich früher am Tag ein starker externer Kanzlerkandidat ins Getümmel stürzte.
Seit sechzehn Jahren, genauer gesagt seit dem 22. November 2005, ist Merkel der stabile Faktor in Deutschlanddie, wie andere europäische Länder, nicht ohne politische Unruhen verlief.
Die heute 66-jährige Merkel wurde im In- und Ausland für ihre ausgewogene Art und Weise gelobt, unter oft schwierigen Umständen wie der Finanzkrise 2008/2009 und der aktuellen Coronavirus-Krise politische Ruhe zu bewahren.
Doch genau diese Stabilität droht bei „Mutti“ Merkel im Vorfeld der Parlamentswahlen im September zu schwinden. Merkel kündigte im Oktober 2018 an, die Politik zu verlassen, nachdem ihr viertes Kabinett den Ritt beendet habe.
Sowohl innerhalb als auch außerhalb seiner Partei haben sich mehrere Anwärter auf den Thron gemeldet, und der Kampf um den Thron ist knapp sechs Monate vor der Wahl mit voller Wucht entbrannt.
Merkels eigene Partei, die CDU, und die nur in Bayern aktive CSU bilden eine Parteiformation im Bundestag. Damit ist „Die Union“ seit Jahren die größte Fraktion in Deutschland, die auch die Kanzlerin stellte.
Beide Parteien ernennen normalerweise einen Ehepartner Spitzenkandidat (Kanzlerkandidat). Zuletzt war es ausnahmslos Merkel, doch jetzt, wo ein neuer Kandidat vorgestellt werden soll, gibt es immer mehr sichtbare Risse in der Zusammenarbeit.
Von der CDU war Armin Laschet im Januar als Merkels vorgesehener Nachfolger bestimmt worden. Dieser amtierende Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen wurde Friedrich Merz und Norbert Röttgen vorgezogen. Er hat bereits angedeutet, dass er Bundeskanzler werden möchte, wenn es das Wahlergebnis zulässt.
Doch im Namen der CSU hat sich Bayerns Ministerpräsident Markus Söder nun als Kandidat für das Amt des Ministerpräsidenten beworben. im Namen der Parteikoalition. Er beteuert, er habe bei den Wahlen im September mehr Chancen als Laschet und es sei auf jeden Fall an der Zeit, einen Bundeskanzlerkandidaten aus Bayern vorzustellen.
Als ideale Nachfolgerin hatte Merkel bis vor einem Jahr einen ganz anderen im Auge: Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer. Allerdings trat die „Kronprinzessin“ im vergangenen Februar als Kandidatin und Vorsitzende der CDU zurück, nachdem ein Landesverband des Landes Thüringen mit Unterstützung der rechtspopulistischen Partei AfD einen neuen Ministerpräsidenten gewählt hatte. Dies geschah gegen den Willen der nationalen Partei.
Kramp-Karrenbauer wurde vorgeworfen, „zu wenig Kontrolle“ über die Partei zu haben, was die bröckelnde Einstimmigkeit weiter entlarvte.
Der Machtkampf zwischen den Rivalen Laschet und Söder droht nun, die inneren Beziehungen und damit das Wählervertrauen weiter zu beschädigen im Vorfeld der Wahlen. Der CDU-Parteivorstand tagt am Montagabend über den festgefahrenen Machtkampf zwischen den Christdemokraten.
Weil es innerhalb der CDU/CSU boomt, wittern andere Parteien ihre Chance, die Hegemonie der Christdemokraten zu brechen. Die Hauptherausforderin scheint Annalena Baerbock zu sein. Sie ist Vorsitzende der Umweltpartei Die Grünen, dicht gefolgt von der CDU/CSU in den Umfragen.
Haben sich die Grünen bisher immer mit zwei Parteivorsitzenden zur Wahl gestellt, stellen sie mit Baerbock nun erstmals einen einzigen Kandidaten, der am Kampf um die Merkel-Nachfolge teilnehmen kann.
Baerbock, Abgeordnete seit 2013, macht aus ihrem Ehrgeiz keinen Hehl. Auf der Pressekonferenz, auf der die Führung ihrer Partei bekannt gegeben wurde, sagte sie am Montag unverblümt, sie wolle im September neue Kanzlerin werden und die Klimapolitik zur absoluten Speerspitze machen.
„Ich bin für Erneuerung. Andere werden den Status quo repräsentieren“, sagte der Politiker bei einer Pressekonferenz mit seinem Amtskollegen Robert Habeck. Er gab zu, dass er auch gerne Parteivorsitzender geworden wäre, sich aber am Ende entscheiden musste. Die Grünen wirken daher viel geschlossener als die CDU/CSU.
Die Grünen haben die CDU bereits bei der Landtagswahl in Baden-Württemberg im vergangenen Monat geschlagen. Die Abstimmung in den Ländern dient als Barometer für die Bundespolitik.
Eerder
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