NEW YORK/LUDWIGSHAFEN – Nach Covestro ist nun auch Wintershall Dea, eine Tochtergesellschaft der BASF, im Visier des Ölkonzerns Abu Dhabi National Oil (Adnoc). Quellen zufolge könnte das Unternehmen einen Wert von mehr als zehn Milliarden Euro haben, wie die Nachrichtenagentur Bloomberg einen Tag zuvor berichtete. Ein weiterer Interessent: der britische Ölkonzern Harbour Energy.
Der Ludwigshafener Chemiekonzern erwägt schon länger den Verkauf seiner Öl- und Gastochter. Auf eine Frage von dpa-AFX am Freitag antwortete ein BASF-Sprecher, dass sich das Unternehmen grundsätzlich nicht zu Marktgerüchten äußere. An der Börse kam die Nachricht am Vormittag gut an, die BASF-Aktie legte am Vormittag an der Dax-Spitze um fast 2 % zu.
Spekulationen über das Interesse arabischer und europäischer Unternehmen sind nicht ganz neu; Die Gerüchte begannen bereits vor Monaten zu kursieren. Bloomberg bezog sich in seinem Bericht auf Informationen von mit der Angelegenheit vertrauten Personen. Adnoc und Harbour Energy lehnten eine Stellungnahme ab.
BASF ist mit 72,7 Prozent an Wintershall Dea beteiligt. Bereits 2017, lange vor dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine, hatte das DAX-Unternehmen den Ausstieg beschlossen – was den Desinvestitionsdruck noch verstärkte: Im vergangenen Jahr musste BASF aufgrund milliardenschwerer Abschreibungen einen Verlust von 627 Millionen Euro hinnehmen. Tiefs auf Wintershall Dea. Im Januar gab die Öl- und Gastochter das Ende ihrer Aktivitäten in Russland bekannt, die bis vor Kurzem 50 Prozent der Gesamtproduktion ausmachten.
Auch Wintershall Dea hat in diesem Jahr unter sinkenden Öl- und Gaspreisen gelitten. Das Unternehmen verkleinerte seinen Vorstand und startete ein Kostensenkungsprogramm, wodurch weltweit rund 500 Stellen abgebaut wurden, die meisten davon in Deutschland. Auch von einem möglichen Teilverkauf ist in Presseartikeln die Rede.
Neben einem Verkauf hatte BASF zunächst die Möglichkeit eines Ausstiegs aus den Bohrungen als Option für Wintershall Gea vorgeschlagen. Daran habe sich bislang nichts geändert, betont der Unternehmenssprecher. „Beide Optionen sind verfügbar.“ Aufgrund des schwachen Marktes und der unsicheren Konjunkturaussichten werde ein Börsengang in Finanzkreisen jedoch immer seltener in Betracht gezogen, heißt es in einem Artikel im „Handelsblatt“ vom September.
Vor knapp einem Monat bekräftigte Dirk Elvermann, Finanzvorstand des deutschen Chemiekonzerns, sein Ziel, alle 72,7 Prozent der Anteile des Öl- und Gaskonzerns zu verkaufen. Wintershall Dea will die Russland-bezogenen Aktivitäten bis Mitte 2024 rechtlich trennen. BASF will den nicht-russischen Anteil monetarisieren. Der Rest des Unternehmens gehört der Investmentgesellschaft Letterone, in der der Oligarch Mikhail Fridman seine Anteile gebündelt hat.
Der russische Teil der Tochtergesellschaft sei bereits vollständig abgeschrieben, fügte Finanzvorstand Elvermann hinzu. Der Konzern konnte jedoch einen Teil des Geldes insbesondere vom Staat zurückerhalten. Der Staatschef erwähnte erhebliche Investitionsgarantien des Staates in der Größenordnung von mehreren Milliarden Euro. Allerdings sind die damit verbundenen Forderungen derzeit nicht als Forderungen in der Bilanz der BASF enthalten.
Adnoc, das von Abu Dhabi kontrolliert wird, beansprucht fast das gesamte Öl der VAE und plant, seine Geschäfte mit Erdgas, Chemikalien und sauberer Energie weltweit auszubauen. Adnoc versucht derzeit auch, den deutschen Chemiekonzern Covestro zu übernehmen. Covestro bestätigte die Verhandlungen im September, doch seitdem gab es praktisch keine Kommunikation mit der Außenwelt. Informell hätte Adnoc 60 Euro pro Aktie versprochen, womit Covestro einen Wert von 11,6 Milliarden Euro hätte.
Im vergangenen Jahr hatte Adnoc bereits Anteile am österreichischen Öl- und Gasversorger OMV erworben. Der arabische Konzern verhandelt derzeit über einen Zusammenschluss der Chemiekonzerne Borealis und Borouge mit der OMV. Borealis mit Sitz in Wien gehört zu 75 Prozent der OMV, der Rest gehört Adnoc. Borouge aus Abu Dhabi, ebenfalls börsennotiert, ist selbst ein Joint Venture zwischen Adnoc und Borealis./tav/he/ngu
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