Wie die Wärmepumpe der rechtsextremen AfD in Deutschland Flügel verlieh

Es scheint immer sicherer, dass die AfD nach der Landtagswahl unter anderem in Bayern einen moralischen Sieg für sich verbuchen kann. Damit scheinen sie den wachsenden Trend der extremen Rechten zu bestätigen. Oder gar nicht? „Die AfD ist sehr gut darin, Unsicherheit auszunutzen.“

Pieter Gordts

Eigentlich ist es ein bisschen verrückt. Nicht wer die Regionalwahlen am Sonntag gewinnt, sondern wer Zweiter wird, dominiert die Gespräche. Es ist fast sicher, dass die Christdemokraten der CSU (Bayern) und der CDU (Hessen) die wichtigsten werden. Die Hauptfrage ist: Wird die rechtsextreme Alternative für Deutschland (AfD) Zweiter werden?

Die AfD wurde vor zehn Jahren als euroskeptische Partei gegründet. Die Partei konzentrierte sich nach und nach stärker auf das Thema Migration und wurde radikaler. Dass die Partei auf dem Vormarsch ist, beunruhigt viele Deutsche. „Das ist seit Monaten bundesweit das Topthema“, sagt Wiebke Pittlink, Chefredakteurin von Deutschlandweb, eine journalistische Plattform des Deutschen Instituts (Universität Amsterdam).

Im nächsten Jahr finden in drei ostdeutschen Bundesländern Landtagswahlen statt. Die Partei schneidet in den Umfragen so gut ab, dass sie stärkste Partei werden könnte. „Bisher sahen viele Deutsche den Aufstieg der AfD vor allem als ostdeutsches Problem, bei dem sich die Menschen hilflos fühlten“, sagt Pittlink. „Dass die Partei nun auch in westlichen Bundesländern wie Bayern und Hessen eine so hohe Punktzahl erreichen konnte, schockierte viele Deutsche.“ Im vergangenen Sommer gewann Hannes Loth die Wahlen in der Stadt Raguhn-Jeßnitz und qualifizierte sich damit für das Amt des ersten Bürgermeisters der AfD.

Auch landesweit erfreut sich die Partei zunehmender Beliebtheit. Im vergangenen Sommer ergab eine bundesweite Umfrage ein Jahr vor der Bundestagswahl, dass die AfD die sozialistische SPD überholt und den zweiten Platz belegt hat.

Firewall

Dadurch entstehen Risse MarquemauerOder Firewall gegen die AfD. Dies ist die deutsche Version unseres Cordon Santé. Im Jahr 2013 einigten sich alle anderen politischen Parteien darauf, nicht mit der AfD zusammenzuarbeiten. „Jetzt merken wir, dass Politiker, insbesondere aus der CDU oder CSU, Aussagen machen wie: ‚Es ist nichts Falsches daran, bei kommunalen Projekten wie dem Bau eines Schwimmbades auf ihre Unterstützung zu zählen‘“, sagt Pittlink. .

Offiziell bleibt die Parteilinie bestehen, nirgendwo mit der AfD zu kooperieren, doch der Ton ändert sich. Vor zwei Jahren sagte der derzeitige CDU-Vorsitzende Friedrich Merz, er wolle nie mit der rechtsextremen Partei regieren. Letzten Sommer, nach Lots Wahl, machte er einen Anstoß in diese Richtung. Die Kritik war massiv, was Merz sofort zum Nachgeben veranlasste. „Das ist immer das Prinzip: Schlagen Sie etwas vor, von dem Sie wissen, dass es tabu ist, und entfernen Sie es sofort danach“, erklärt Pittlink. „Aber es wird weiterhin vorgeschlagen.“

In Deutschland wurde bereits viel darüber geredet, warum die AfD in den letzten zwei Jahren so große Fortschritte gemacht hat. Alles spielt eine Rolle: die große Abhängigkeit von russischem Gas, der Anstieg der Energiepreise, die wirtschaftliche Misere, die Deutschland derzeit erlebt, die politischen Querelen in Berlin usw. Oder zusammengefasst: die große Unsicherheit, die entsteht. „Die AfD ist sehr gut darin, diese Unsicherheit auszunutzen“, sagt Pittlink.

Ein gutes Beispiel ist die Kontroverse, die um den Vorschlag der Grünen entbrannt ist, Gas- und Ölanschlüsse bei Neubauten zu verbieten und nachhaltige Alternativen wie Wärmepumpen zur Pflicht zu machen. Eine tolle Gelegenheit für die AfD, die Grünen als Besserwisser und Zeigefinger darzustellen. Oder im AfD-Jargon: „Grüner Faschismus“. Obwohl ihr Gesetzesentwurf angenommen wurde, haben die Grünen laut Analyse durch diesen Gesetzentwurf einen erheblichen Reputationsschaden erlitten.

Die Bundesregierung macht es der AfD teilweise nicht sehr schwer. „Die drei Regierungsparteien liegen sehr weit voneinander entfernt und blockieren sich ständig gegenseitig, wodurch ein Bild des Streits entsteht“, erklärt Pittink.

Europäische Welle

Was in Deutschland passieren wird, scheint Teil eines umfassenderen Musters rechtsextremer Vorstöße in Europa zu sein. Vlaams Belang ist heute die größte Partei in Flandern. In Ungarn, Italien und Polen ist die extreme Rechte an der Macht. Sie regieren gemeinsam in Finnland, Schweden und der Schweiz. Und in mehreren Ländern schneiden sie in Umfragen gut ab. Zahlreiche Veröffentlichungen, Der Wächter bis Der Ökonom hat kürzlich wichtige Artikel dem Aufstieg der extremen Rechten in Europa gewidmet.

„Bis zu einem gewissen Grad gibt es dazu etwas zu sagen“, sagt Sarah De Lange, Professorin für politischen Pluralismus (Universität Amsterdam). „In allen europäischen Ländern gewinnt die extreme Rechte mehr Sitze. Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass diese Situation in ganz Europa nicht einheitlich ist.“

De Lange hebt die enttäuschenden Ergebnisse von Vox in Spanien hervor. Oder Dänemark, wo die extreme Rechte jahrelang Minderheitskabinette unterstützte, aber aufgrund von Machtkämpfen zusammenbrach. Und natürlich auch die eigenen Niederlande. Die vier rechtsradikalen Parteien, die PVV von Geert Wilders, das Forum für Demokratie von Thierry Baudet und zwei Abspaltungen von Baudets Partei, durchleben eine sehr schwierige Zeit. „Die letzten drei verlieren an Unterstützung“, glaubt De Lange. „Der PVV ist es gelungen, relativ stabil zu bleiben, aber sie ist nicht mehr die zweitgrößte Partei. Umfragen zufolge liegt Wilders auf einem geteilten vierten oder fünften Platz. Am Ende sind es Parteien wie jede andere: wenn interne Kämpfe aufkommen oder entstehen Ein neues Kind im Wohnblock wie Pieter Omtzigts New Social Contract, dann spüren sie es auch.“

Adelbert Eichel

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