Deutschland verliert seine Monopolstellung in der Automobilindustrie. Das sagte Hildegard Müller, Präsidentin des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), am Vorabend der deutschen Automobilausstellung IAA. Diese Erklärung erschüttert Deutschland in seinen Grundfesten, bemerkt der deutsche Korrespondent Derk Marseille. „Es tut weh, dass die Deutschen jetzt nach China schauen, um ein günstigeres Elektroauto zu bekommen.“
Müller plädiert für umfassende Reformen, um Deutschland wieder als Automobilland bekannt zu machen. Laut Marseille hat das Engagement des VDA-Präsidenten in dieser Richtung große Auswirkungen auf das Land. „Der VDA ist die mächtigste und wichtigste Interessenvertretung der Automobilindustrie in Deutschland. Wenn er etwas sagt, hört das ganze Land zu“, erklärt er.
Chinesischer Konkurrent
Laut VDA muss sich einiges ändern, damit die deutsche Automobilindustrie wieder florieren kann. Laut VDA etwa hätten es die ganze Bürokratie und die fehlenden Subventionen bei den Strompreisen für die Automobilindustrie zu schwierig gemacht, sagt Marseille. „Wir befürchten daher, dass diese Branche in Deutschland verschwinden wird. Deshalb schlagen wir Alarm.
Die Interessengemeinschaft möchte, dass Deutschland für Unternehmer wieder attraktiver wird. Laut VDA ist dafür eine vorübergehende Subventionierung der Strompreise zwingend erforderlich, das weiß Marseille. „Es gibt auch ein Plädoyer für weniger Bürokratie und mehr Digitalisierung der Arbeit. Schließlich ist die Automobilindustrie der Ansicht, dass sie für Investitionen in Infrastruktur und Technologie auf diese Weise weniger Steuern zahlen sollte.
Optimismus
Die deutsche Autoindustrie muss stark mit ihrem Hauptkonkurrenten China konkurrieren, der sogar im Bereich günstiger Elektroautos einen Vorsprung zu haben scheint. „Interessenverbände und fast alle großen Automobilhersteller und Zulieferer sehen, dass China gegenüber der deutschen Automobilindustrie aufschließt. Deshalb unterstützen alle das Bild, dass die deutsche Autoindustrie in Gefahr sei“, erklärt Marseille.
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Dennoch wird der Abstand zwischen Deutschland und China noch nicht als Wettlauf gesehen und laut Marseille überwiegt Optimismus. „CEOs von OEMs und Autoherstellern glauben, dass Elektroautos gerade erst am Anfang stehen und es noch Raum für Entwicklung gibt.“ Diese Meinung wird nicht von allen geteilt: Chinesische Autoexperten sind der Meinung, dass das Bild in Europa viel zu rosig ist.
Die Höhle des Löwen
Für Deutschland spricht laut Marseille, dass die geopolitischen Karten aufgrund der Veränderungen auf der internationalen Bühne anders gemischt wurden. China gilt als strategische Bedrohung für die europäische Sicherheit. Außerdem stehen wir in der Ukraine vor einem Krieg, es gibt kein billiges Gas mehr und überall mangelt es an qualifizierten Arbeitskräften. Das bedeutet, dass es die Automobilindustrie von allen Seiten betrifft“, erklärt er.
Für Bundeskanzler Olaf Scholz wird es daher ein Albtraum sein, bei seinem Besuch auf der Automobilausstellung einen kühlen Kopf zu bewahren. Scholz ist nicht für Strompreissubventionen. „Klimaproteste vor den Toren der Automesse sind schon so etwas wie eine Höhle des Löwen, aber die wahre Höhle des Löwen ist die IAA selbst, wo Scholz mit Autoherstellern auf Tour gehen wird“, schlussfolgert Marseille.
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