Kaum einer will mehr Deutsch lernen (und wie man den Trend umkehrt)

Deutsch wird immer unbeliebter, sowohl als Prüfungsfach als auch als Studienfach. Die Sprache kämpft mit all der wissenschaftlichen Gewalt, sagen Lehrer und Forscher. Eine stärkere Beachtung kultureller Unterschiede sollte den Trend umkehren.

Mit, nach, bei, seit, von, zu, aus, ausser, entgegen, gegenüber. Wer kann von dieser Liste nicht träumen? Allerdings gibt es an Gymnasien immer weniger Deutsch, dafür immer mehr Spanisch oder gar Chinesisch. Während 2017 noch 70.000 Studierende ihre Abschlussprüfungen in Deutsch absolvierten, waren es im vergangenen Jahr nur noch 56.000.

Auch an den Hochschulen nimmt die Begeisterung für die deutsche Sprache und Kultur ab. Nijmegen hat dieses Jahr nur 6 Studienanfänger (gegenüber 24 im Jahr 2017), landesweit sind es weniger als 50. Was erklärt den Rückgang der Popularität der Sprache von Goethe und Günter Grass in Schulen und Universitäten? Und ist es überhaupt – geplanter Punkt – fürchterlich?

lebende Welt

Die letzte Frage zu Beginn ist sicher schlecht – zumindest, wenn man Sabine Jentges und Chrissy Laurentzen vom Fachbereich Deutsche Sprache und Kultur fragt. Jentges zieht die Schläge aus dem Ärmel: „Deutsch erweitert deine Welt, gerade hier in der Grenzregion. In Kleve zum Beispiel gibt es schöne Museen und kulturelle Veranstaltungen.

Außerdem sei die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit unseren östlichen Nachbarn enorm, sagt sie. Und Deutsch ist die größte Sprache in der Europäischen Union. „Natürlich kommt man heute mit Englisch gut zurecht, aber in der Muttersprache versteht man den anderen besser. Dies hilft auch, kulturelle Missverständnisse zu vermeiden.

„Wissenschaft und Technik sind in der Hochschulbildung enorm weit fortgeschritten“

Privatdozent Jentges hat Germanistik studiert, arbeitet seit 2008 in Nijmegen und ist selbst Deutscher. Laurentzen forscht über ein NWO-Promotionsstipendium für Lehrkräfte zu neuen Formen des Deutschlernens in der Sekundarstufe. Sie arbeitet drei Tage die Woche an der Radboud University und zwei Tage als Deutschlehrerin am Commanderij College in Gemert.

Der Deutsche hat ein Imageproblem, die beiden seufzen. „Übrigens haben alle Sprachstudien zu kämpfen“, gibt Jentges zu bedenken, „nicht nur Deutsch.“ Die Ursachen? Zunächst einmal bringt das deutsche Schulfach die Schüler auf die falsche Fährte. Laurentzen: „Wir achten zum Beispiel im Gymnasium sehr auf erklärende Texte, denn genau daraus besteht die zentrale Abschlussprüfung. Aber im Studium gehe es um viel mehr, sagt Jentges, etwa um Linguistik – oder darum, wie Deutsch „technisch“ ist. „Also: Semantik, Phonetik usw. Außerdem bekommen sie hier auch Literatur und Kultur. Aber wir haben auch weniger traditionelle Themen, wie interkulturelle Kommunikation und Themen des 21. Jahrhunderts aus niederländischer, deutscher und europäischer Perspektive. Denken Sie zum Beispiel an Nachhaltigkeit, Umwelt und Geschlechterfragen.

Hinzu kommt, dass Sprachen einen ungleichen Kampf gegen alle wissenschaftliche Gewalt führen, so Jentges weiter. „Wissenschaft und Technologie sind in der Hochschulbildung sehr weit fortgeschritten. Auch der Staat hat dort viel Geld investiert.

Etwas Ähnliches passiert in der High School. Laurentzen: „Schüler entscheiden sich oft – auch auf Drängen der Eltern – für die breiten Profile NT und NG: Natur & Technik und Natur & Gesundheit. So halten Sie sich nahezu alle Studienmöglichkeiten offen, auch das Studium der Medizin und Naturwissenschaften. Allerdings ist in diesen Profilen weniger Platz für Sprachen als in den beiden anderen: Kultur & Gesellschaft (CM) und Wirtschaft & Gesellschaft (EM).

die Bewegung der Wellen

Laut Frans Inge Holthuizen, Schulberaterin und Sekundarschullehrerin (Stedelijk Gymnasium Nijmegen), sind Profile nicht alles. „In der voruniversitären Ausbildung muss man neben Englisch auch mit naturwissenschaftlichem Profil eine Fremdsprache wählen. Dies ist normalerweise Französisch oder Deutsch oder, in Schulen, die es anbieten, Spanisch. An den Gymnasien ist diese Zweitsprache automatisch Griechisch oder Latein, die ja Pflicht sind. Infolgedessen entscheiden sich unsere Schüler seltener für eine zusätzliche Sprache in ihrem Paket.“ Und bei den Spaniern knausern? Französisch leide häufiger als Deutsch, sagt sie, weil die Sprachen verwandt seien.

In seiner eigenen Schule sieht Holthuizen vor allem eine Welle sprachlicher Popularität. Manchmal wird für eine Weile Deutsch verwendet und dann wieder Französisch. Es passt auch zum nationalen Image. In der voruniversitären Bildung schwankt die Zahl der Prüfungskandidaten mit Deutsch im Gepäck seit mehr als zehn Jahren um 21.000, für Französisch um 16.000. Der jüngste Abwärtstrend im Deutschen macht sich besonders bei havo und vmbo bemerkbar.

„Wer Deutsch studiert, hat Jobgarantie, sage ich immer“

Holthuizen macht sich Notizen von seiner Schule. „In diesem Prüfungsjahr halten sich Deutsch und Französisch fast die Waage: Von den 169 Oberstufenschülern sprechen 28 Deutsch und 32 Französisch. Außerdem haben 12 Examensstudenten Spanisch. Aber unter den aktuellen Schülern von CM1 ist Französisch doppelt so beliebt wie Deutsch: 69 zu 34. Auch Spanisch (37 Schüler) übertrifft die Sprache unserer östlichen Nachbarn. Holthuizen tut sich schwer zu sagen, wie das möglich ist. „Manchmal hängt es vom Klick ab, den Schüler mit einem Lehrer haben. Wenn sie nicht auf ansprechende Weise unterrichten, brechen sie ab.

Dies kann zu einer Abwärtsspirale führen. Weniger Schüler in Deutschprüfungen bedeuten auch weniger Schüler und letztlich weniger Grundschullehrer. Für die Schulen wird es nur noch schwieriger, gute und erfahrene Lehrer zu finden. „Wer Deutsch studiert, hat Jobgarantie, sage ich immer“, lacht Jentges vom Fachbereich Germanistik der Hochschule. „Nicht nur als Lehrer. Sie können sich auch an internationale Institutionen wie die Europäische Union und internationale Unternehmen oder Organisationen in der Grenzregion wenden.

Leben verstehen

Wie können wir das Blatt wenden? Die Universität investiere stark in Schulbesuche, Informations- und Auffrischungskurse, sagen Jentges und Laurentzen. Dadurch wird die Verbindung zwischen voruniversitärer Bildung und universitärer Bildung verbessert. Außerdem müssten sich die Inhalte des Schulfachs ändern, meinen sie. Das Erklären von Texten und das Aufheben von Grammatikregeln sollten vor allem in den ersten Jahren weniger wichtig sein. Jentges: „Die meisten Studenten haben nur ein oder zwei Jahre Deutsch. Sie sollen es vor allem wissen und sich danach in der Praxis trauen.

Kommunikationsfähigkeit muss daher in der High School Priorität haben. Und an kulturelle Unterschiede denken, sagt Jentges. „Ein Beispiel: Hier ist es ganz normal, zu jemandem zu sagen: Spring hinten auf mein Fahrrad. Ein Deutscher wäre dann schockiert, weil es in Deutschland verboten ist. Du kannst zwar perfekt Deutsch sprechen, meint sie, aber am Ende geht es in der Gesellschaft auch darum, die Welt des anderen zu verstehen.

Ob die Pläne ausreichen, um die deutsche Sprache in den kommenden Jahren wieder populärer zu machen, bleibt abzuwarten. Aber es gibt Licht am Horizont. Der Lehrplanentwickler SLO (Stichting Leerplan Ontwikkeling) überprüft derzeit im Auftrag der Regierung Prüfungslehrpläne für moderne Fremdsprachen, darunter Deutsch. Diese Überarbeitung entspricht den Vorstellungen von Jentges, der als Berater in diesen Prozess eingebunden ist. „In SLOs Plan verlieren die klassischen Fähigkeiten – Lesen, Schreiben, Hören und Sprechen sowie Literatur – an Bedeutung.“

Der Fokus liegt eher auf sprachlicher und kultureller Sensibilisierung und Kommunikation, d.h. Sie können eine Sprache in Alltagssituationen anwenden.

Jentges: „Man könnte dann – ich bilde mir gerade etwas ein – in der Abschlussprüfung mit einer Situation konfrontiert werden, in der die Aufgabe lautet: einem deutschen Austauschschüler ein niederländisches Menü zu erklären. Sie wissen vielleicht, wie man „patatjewar“ oder „kapsalon“ wörtlich ins Deutsche übersetzt, aber Sie wissen nicht, was Sie eigentlich bestellen. Oder nehmen Sie das Beispiel vom Sitzen auf der Rückseite eines Fahrrads: Erklären Sie, warum ein Deutscher davon überrascht sein könnte.

Es könnte noch ein paar Jahre dauern, bis die neuen Shots eingeführt werden, aber bald könnte es einfach ein gutes Zeichen sein, wenn wir weniger Präpositionssequenzen in den Schulfluren hören.

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Lorelei Schwarz

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