Links reden, rechts die Taschen füttern, war ein allgemein verwendeter Ausdruck, um Heuchelei zu entlarven. „Nachhaltiger Bullshit und Taschenfüllung auf Kosten des Klimas“, klingt weniger gut, wäre aber heutzutage angemessener. Der deutsche Energieriese RWE – auch in den Niederlanden aktiv – ist ein Paradebeispiel.
„Unsere Energie für ein nachhaltiges Leben“ ist ein Slogan, der von RWE, dem Eigentümer des deutschen Braunkohletagebaus, der alle möglichen Dörfer verschlingt und – noch schlimmer – eine Hauptursache für die katastrophale Klimaentgleisung ist, ins Englische übersetzt wurde. Tausende Agenten haben am Mittwoch damit begonnen, das verbarrikadierte Dorf Lützerath von Umweltaktivisten zu räumen, damit der Energieriese expandieren kann.
Energieknappheit
Dass ausgerechnet diese Woche bekannt wurde, dass Europa 2022 den heißesten Sommer aller Zeiten erleben wird, mit Dürre, Waldbränden, Energieknappheit und Ernteausfällen, macht Lützerath zu einem starken Symbol. Im vergangenen Jahr war die globale Temperatur 1,2 Grad wärmer als vor der industriellen Revolution – und 2022 ist keine Ausnahme. In den Pariser Abkommen wurde vereinbart, den Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur bis 2050 auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen – diese Grenze ist also schon jetzt gefährlich nah.
Lützerath zeigt, wo es schief geht. Im Braunkohledorf prallt die alte Welt auf die neue. Wo „öffentliches Interesse“ und „Eigentum“ anders erfahren und erlebt werden. Wo das Recht eines Unternehmens, wirtschaftlich zu wachsen und seinen Kunden zu dienen, dem Recht auf ein gesundes und sicheres Leben für die jetzige und zukünftige Generation gegenübersteht.
wohlhabendste Ära
Die Antike hat recht, denn ihre Arbeitsweise brachte die wohlhabendste Ära der Menschheitsgeschichte hervor. Die neue Welt hat recht, denn alle wissenschaftlich erhobenen Daten zeigen, dass die Erde mit der heutigen Lebensweise nicht zurechtkommt.
Der Wandel vollzieht sich schlagartig – von der Strippenkaart zur ÖPNV-Zeitkarte und von Zwarte Piet zu Piet – bei der Energiewende ist das nicht anders. Doch die kapitalistische Gesellschaft ist nicht nur ein Opfer der Nachhaltigkeit, weil harte Euros verdient werden können. Das wissen alle Besitzer von Solarmodulen, aber auch große Unternehmen wie Hersteller von Windkraftanlagen, Batterien und Elektroautos sind sich dessen nur allzu bewusst.
Kommentar? r.hazenoot@mediahuis.nl
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