Wettlauf gegen die Zeit: Neueste Fälle gegen Ex-Nazis

Das Ende des Zweiten Weltkriegs liegt fast achtzig Jahre zurück. Trotzdem wurde Irmgard Furchner (97) heute zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt. Während des Zweiten Weltkriegs war sie Sekretärin im Konzentrationslager Stutthof. Laut Richter war sie somit eine Komplizin bei der Ermordung von mehr als zehntausend Gefangenen.

Mord verfällt nicht. So konnte Deutschland in den vergangenen Jahren Dutzende lebende Kriegsverbrecher bestrafen: vom Lageraufseher bis zur Sekretärin: „Jeder, der eine Rolle im nationalsozialistischen Vernichtungssystem gespielt hat, wird bestraft. Egal, wie wichtig die Rolle ist“, sagt Wiebke Pittlik . , Chefredakteur von Internet in Deutschland.

Bewusst zurückhaltend

Erst weit nach dem Zweiten Weltkrieg kamen solche Fälle vor Gericht. Pittlik: „Das liegt daran, dass viele ehemalige Nazis nach dem Krieg in Deutschland weiter für die Justiz arbeiten konnten. Viele Kriminelle seien damit straffrei ausgegangen, erkennt die deutsche Justiz an.

Deshalb hat Deutschland es jetzt eilig, lebende Kriminelle zu überführen. Eine Spezialeinheit der Justiz untersucht Fälle, bevor sie vor Gericht kommen.

2011 gelang der Durchbruch. Dann wurde der Kriegsverbrecher John Demjanjuk der Beihilfe zum Mord für schuldig befunden, ohne direkt mit einem Opfer in Verbindung gebracht zu werden. „Seitdem können in ähnlichen Fällen auch ehemalige Straftäter verurteilt werden, wenn nur eine Mittäterschaft nachgewiesen werden kann.“

Weitere Verfahren gegen Kriegsverbrecher

Seit 2011 wurde eine große Zahl von Kriegsverbrechern wegen Komplizenschaft angeklagt. Nachfolgend drei Beispiele.

  • Zuerst John Demjanjuk Damit. Er wurde 2011 wegen Beihilfe zum Tod von 28.000 Juden im Vernichtungslager Sobibor zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt. Er starb in Erwartung seiner Berufung im Alter von 91 Jahren.
  • 2015 erhalten Oskar Gröning, auch „Buchhalter von Auschwitz“ genannt, eine vierjährige Haftstrafe. Laut Richter war er Komplize bei der Ermordung von 300.000 Menschen im Konzentrationslager. Vor seiner Berufung starb er im Alter von 95 Jahren.
  • Dieses Jahr erhalten Josef Schütz im Alter von 101 Jahren zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt. Als Wachmann des Lagers Sachsenhausen gilt er als Komplize bei der Ermordung von mehr als 3.500 Häftlingen.

Und doch fragen Sie sich: Was nützen solche Überzeugungen achtzig Jahre später? Deutschland gehe es laut Wiebke Pittlik vor allem darum, Geschichten über den Krieg im Rampenlicht zu halten. „Zum Beispiel sind die Anhörungen öffentlich, damit die Öffentlichkeit Zeugenaussagen hören kann.“

Im Verfahren gegen Irmgard Furchner hat der heute 95-jährige Abraham Koryski die Aussage gemacht. Er berichtete hauptsächlich von seinen Erlebnissen im Konzentrationslager Stutthof, wo Furchner arbeitete. Um Irmgard Furchner machte er sich also weniger Sorgen; er sagte, er solle seine Zeugnisse für zukünftige Generationen weitergeben.

So etwas dürfe nie wieder passieren: Das sei die Botschaft der Dutzenden Prozesse gegen Kriegsverbrecher, sagt Pittlik. „Deutschland macht auf diese Weise gerne darauf aufmerksam, weil die Sorge vor Rechtsextremismus im Land nicht verflogen ist.“

Ende in Sicht

Doch die Fallzahlen gehen zurück. Weniger als ein Dutzend werden derzeit untersucht. „Viele ehemalige Straftäter sind inzwischen tot. Und die noch Lebenden sind meist so alt, dass sie aus gesundheitlichen Gründen nicht oder kaum noch vor Gericht erscheinen dürfen. Nehmen wir Irmgard Furchner. Aufgrund ihres fortgeschrittenen Alters (97) nur eine Sitzung durfte jede Woche stattfinden.“

Um die Geschichten über den Krieg am Leben zu erhalten, muss Deutschland nach dauerhafteren Optionen suchen. So wurden Zeugenaussagen während der Prozesse aufgezeichnet und wurden auf einer Sonderseite veröffentlicht. Auf diese Weise werden die Geschichten von Kriegsopfern immer existieren.

Lorelei Schwarz

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