Topmanager vermisst, zusammen mit Milliarden von einem implodierenden Unternehmen: Prozess beginnt heute

Wirecard fiel vor zwei Jahren abrupt getrennt nachdem der Vorstand fingierte Vorbehalte in Höhe von 1,9 Milliarden Euro eingeräumt hatte. Dieses Geld fehlt noch. Dem Unternehmen wurden zudem Milliardenschulden auferlegt und jahrelange Bilanzfälschung vorgeworfen.

Wirecard wolle mit dem zusätzlichen Scheinkapital in Milliardenhöhe Investoren und Banken locken, so die Staatsanwaltschaft. Einige Privatanleger verloren große Summen, die sie in Wirecard-Aktien investiert hatten.

Das Fintech-Unternehmen startete 1999 als kleines Unternehmen, das Zahlungen für Glücksspiele und Pornografie abwickelte. Schnell wurde es zu einem der größten Unternehmen Deutschlands. Damit erreichte es den Wert von 28 Milliarden Dollar. Es wurde als eine seltene deutsche technologische Errungenschaft gefeiert.

Prozess des Jahrhunderts

Doch aus dem kurzlebigen großen Erfolg folgte einer der größten deutschen Betrugsfälle aller Zeiten. Deutsche Zeitungen sprich darüber „der Prozess des Jahrhunderts“ und das erklärt die große Zahl von Zuschauern und Medien, die heute anwesend sind. Aufgrund des Andrangs konnte die Session erst heute Morgen stattfinden dreiviertel Stunde später beginnen, schreibt die Deutsche Zeitung Die Welt.

Der Prozess findet in einem unterirdischen Hochsicherheitstrakt neben der JVA Stadelheim, Bayerns größter Justizvollzugsanstalt, statt. Die Halle ist für Prozesse mit höchsten Sicherheitsanforderungen gebaut. Bis 2024 sind mehr als 100 Gerichtstage für den Prozess angesetzt.

Vier Verdächtige, einer vermisst

Die Hauptverdächtigen in dem Fall sind vier leitende Angestellte. Ihnen wird vorgeworfen, eine kriminelle Bande gebildet, Firmenbilanzen gefälscht und Kreditgeber um bis zu 3,1 Milliarden Euro betrogen zu haben. Ihnen drohen bis zu 15 Jahre Haft.

Einer von ihnen ist der Österreicher Markus Braun, 53, der 2002 Direktor von Wirecard wurde. Er sitzt seit mehr als zwei Jahren in Haft und streitet alles ab.

Braun macht Finanzvorstand Jan Marsalek verantwortlich. Marsalek war für die Asiengeschäfte des Unternehmens verantwortlich, wo ein Großteil der verdächtigen Aktivitäten stattfand.

Auf seine Reaktion kannst du dich nicht verlassen. Nach der Insolvenz von Wirecard Marsalek floh. Er ist einer der meistgesuchten Verbrecher der Welt und Steht auf Europols Liste der meistgesuchten Verbrecher.

Marsalek soll auf einen Flughafen südlich von Wien geflüchtet und dann mit einem Privatjet nach Weißrussland geflogen sein. Jüngsten Berichten zufolge hält er sich in Russland auf. Das Forschungskollektiv Bellingcat sagt es Krawatten hatte mit den russischen Sicherheitsdiensten, sondern Moskau bestreitet das.

Die beiden anderen Testpiloten sind Oliver Bellenhaus und Stephan von Erffa.

Bellenhaus leitete die Wirecard-Tochter in Dubai, von Erffa verantwortete die Buchhaltung. Bellenhaus hat ein Fehlverhalten eingeräumt und ist in diesem Fall Kronzeuge.

Gesichtsverlust bei Politikern

Als sich herausstellte, dass das beliebte deutsche Fintech-Unternehmen betrügerisch war, führte dies auch dazu, dass Politiker, Aufsichtsbehörden und Wirtschaftsprüfer in Deutschland das Gesicht verloren. So hat sich beispielsweise die frühere Bundeskanzlerin Angela Merkel in China für das Unternehmen eingesetzt, Monate bevor es in die Insolvenz ging.

Im vergangenen Jahr wurde sie zu diesem Thema in einer parlamentarischen Untersuchung angehört. Merkel betonte in ihrer Aussage, dass sie keinen Anlass habe, das kriminelle Unternehmen zu verdächtigen. Sie habe gerade versucht, Wirecard beim Kauf eines Unternehmens in China zu helfen.

Journalisten treiben seit geraumer Zeit ihr Unwesen

Das Erstaunen über den schnellen Zusammenbruch von Wirecard war unter Politikern und Bonzen groß, aber nicht bei allen. Die britische Zeitung veröffentlichte die FinancialTimes in einem Publikationsreihe große Fragezeichen in der Buchhaltung von Technologieunternehmen. In Asien hätte es eine Verfälschung der Zahlen gegeben.

Wirecard nannte sich Opfer einer Verschwörung zwischen Spekulanten und der britischen Zeitung. Sie erstattete deshalb Anzeige wegen Preismanipulation.

Dennoch hat die deutsche Finanzaufsichtsbehörde BaFin beschlossen, Wirecard nicht zu untersuchen. Stattdessen entschied sich die Regulierungsbehörde, gegen die Journalisten zu ermitteln. Der Watchdog verbot den Anlegern auch, auf fallende Kurse zu spekulieren.

Die europäische Aufsichtsbehörde ESMA hat inzwischen festgestellt, dass die BaFin ihre Arbeit nicht ordnungsgemäß erledigt hat.

Helfried Beck

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