Frankreich und Deutschland schlossen eine Scheinehe

International23. Januar 23 07:40Autor: Mark van Harreveld

Genau sechzig Jahre nach der Umarmung des französischen Präsidenten Charles de Gaulle und Bundeskanzler Konrad Adenaur wiederholten ihre Amtskollegen Emmanuel Macron und Olaf Scholz in Paris dasselbe, um die deutsch-französische europäische Achse fortzuführen. Stefan de Vries, europäischer Journalist, nennt die erzwungene Umarmung. „Zwischen Macron und Scholz läuft es schief.“

Emmanuel Macron und Olaf Scholz nach ihrer gestrigen gemeinsamen Pressekonferenz. Genau sechzig Jahre nach der Umarmung des französischen Präsidenten Charles de Gaulle und Bundeskanzler Konrad Adenaur wiederholten ihre Amtskollegen Emmanuel Macron und Olaf Scholz in Paris dasselbe, um die deutsch-französische europäische Achse fortzuführen. (ANP/Associated Press/Benoit Tessier)

Trotz der künstlichen Umarmung fehlte es beim deutsch-französischen Gipfel in der Pariser Sorbonne nicht an Worten. Auf Schritt und Tritt in Europa seien Deutschland und Frankreich näher zusammengerückt, Deutschland und Frankreich seien Pioniere und sie seien zwei Seelen in einem Körper, fasst De Vries die warmen Worte Macrons zusammen. Auch Scholz hatte viele Komplimente für die enge Beziehung zwischen den beiden Ländern, aber dennoch „fühlte es sich gekünstelt an“.

keine chemie

Laut De Vries verstehen sich Macron und Scholz nicht. Wie anders war das unter Scholz‘ Vorgängerin Merkel, die sich sowohl mit ihrem Amtskollegen Sarkozy als auch mit seinem Nachfolger Macron sehr gut verstand. „Es gibt praktisch keine persönliche Chemie mit Scholz und es gibt viele Meinungsverschiedenheiten: Europäische Verteidigung, Energie, die Rolle der Nato.“

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Aber noch etwas anderes steht auf dem Spiel: Der Krieg in der Ukraine und die EU-Bewerbung des Landes verschieben den Machtschwerpunkt in Europa nach Osten. Berlin liegt eine Autostunde von der polnischen Grenze entfernt, Frankreich verliert an Bedeutung gegenüber Deutschland und rückt an die Peripherie. „Frankreich muss eine neue Rolle finden, es gibt Reibungen in allen möglichen Punkten.“

Leclerc

Wo Deutschland und Frankreich aufeinandertreffen: in ihrer Angst, durch Panzerlieferungen den Krieg zu verschärfen. Trotzdem will Frankreich Kiew mit Leclerc-Panzern beliefern, dem französischen Pendant zum Leopard. Im Übrigen liegen die beiden Länder weit auseinander, aber sie stecken in einer Vernunftehe fest. Sie wissen, dass es keine andere Wahl gibt, als im Interesse Europas zusammenzuarbeiten. Es geht nicht anders, sonst gäbe es kein Europa. Es ist eine Vernunftehe.

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Mariele Geissler

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